27. November 2012

Bleter Teich

Es gab diesen Post über das lustige Jugodeutsch und süße Fehler der eigenen Eltern.
(Jetzt kannst du in der Gegend rumhuren)

Ich bin im Internet auf ein Bild gestoßen, das dazu passt und das ich vorher nicht gesehen habe.

Es ist der Einkaufszettel einer Mama und noch einmal: Ich mache mich nicht lustig, es ist nur zu putzig, liebe Eltern wir lieben euch immer noch und ich erinnere meinen Papa daran, wie oft er sich über mein Serbokroatisch lustig gemacht hat.

Also präsentiere ich mit freundlicher Genehmigung des Sohnes, der das Foto gemacht hat: tadaaaaaaaaaaa die Einkaufsliste :-)



Sajfe za Fleke (Fleckenseife)

Lenor

Sampon za kupanje (Shampoo zum Baden? Duschgel?? Haarshampoo?)

2 x Bleter Teich (Blätterteig, sie switcht den Code, wie heißt Blätterteig auf YU? Ich weiß es auch nicht..schnell googeln--->lisnato tijesto)

2 x Germu (Hefe)

Sprej za Fet (Fettspray/ Fettlöser)

1 kg vrata (Tür, nein Scherz, 1 kg Hals/Nacken)

Danke an Sesar, die zweite Seite hätten wir auch gerne gesehen und viele liebe Grüße an deine Mama.

26. November 2012

Heute ist tatsächlich Full Moon und hier ist Bella!


Bella Wagner. Bild via
Montag Morgen. Oh nein, ist das Wochenende schon wieder vorbei? Wieso geht das immer so schnell?
Über 300 E-Mails im Postfach, da ich einige Tage nicht im Büro war.
Wer soll die alle lesen. Draußen schon wieder Lärm, schon wieder eine Baustelle und dann pustet jemand Laub mit seinem Mini-Traktor weg.
Und der Kaffee könnte auch besser sein, fast nur Milch und Schaum.
Kalt. Laut.
Nun gut, dann eben Musik.
Erst einmal die Buddha Bar auf Youtube suchen, Kopfhörer rein, bevor es an die Arbeit geht.
Entspannen...
Oh ja, geiles Lied. Es kann losgehen.

Aber diese Stimme, raucht die Frau, so tief und rau...in the devil´s eyes.....ahhhhhhh in the devil´s eyes...ein paar Gitarrenklänge...erinnern mich an Chris Isaac.

Und was ist das? Hey Moment, das hört sich nach einem Jugo-Akkordeon an. Auf einmal will ich das Akkordeon nicht mehr anzünden und bei einem anderen Lied zuckt sogar mein Bein. Doch, doch ich kenne solche Melodien, das ist der Balkan.

Wer singt das überhaupt? Das sind bestimmt keine Jugos auf der Buddha Bar XIV.

Ein Lehrer sagte mir einmal, wenn man anfängt sich für etwas zu interessieren oder etwas zu lernen, dann taucht das Thema wie von Zauberhand überall auf und man wird immer wieder mit ihm konfrontiert und tatsächlich...

Es sind „Jugos“. Ahilea Durcovski ist ein makedonischer DJ aus Ohrid, der in Wien lebt und letztes Jahr sein Debütalbum Cafe Svetlana auf den Markt gebracht hat. In einigen Liedern singt die Sängerin Bella Wagner, Tochter eines Kroaten und einer Slowakin. Sie spricht fünf Sprachen und singt noch besser als sie spricht. Ihre Stimme ist unvergleichlich. Soulig, kratzig, markant, bluesig, watch out! Flötisten aus Mazedonien, serbische Bassisten, Violinisten aus dem Kosovo, Akkordeonspieler, alles ist dabei im Cafe Svetlana.
 

Ahilea. Bild via



„Anschnallen, die Scheibe ist heiß“ sagen Kritiker.

DJ Ahilea mixt gekonnt elektrische Musik mit Balkansounds, Jazz, Funk, Rap, Indie-Rock und einer Prise Orient. Das Ergebnis geht in die Ohren und in die Beine.

Bekommt Dj Shantel, der sich einen Namen mit Balkan-Electro gemacht hat, nun starke Konkurrenz?
Er bekommt.

Cafe Svetlana von Jugo-Ösis (Ich mag die Ösis♥) läuft bei mir nicht nur heute rauf und runter.

Njoy.

In the devil´s eyes



Daj mi vodke da se napijem



Coffee and tulumba, oriental sound



Ej bejbe skupa mi ova veza, kolko mi para treba, hvata me jeza, hopa cupa




Bella Wagners Website

23. November 2012

Ein Australier in Bosnien

Auch andere bloggen über das Ex-Ju-Gebiet.

Ein Australier verliebt sich in eine Bosnierin und zieht eine Zeit lang lang wegen ihr nach Zenica.

In seinem Blog  An Aussie in Bosnia.

Sehr lustig: Nur in Bosnien:

Only in Bosnia!

Ich mag seinen Blog! Er zeigt Bosnien durch die Augen eines Fremden.


22. November 2012

ARTE Bosnian/Serbian TV Zapping International

Kennt ihr die ARTE-Reihe Zapping International?

Im deutschen Fernsehen ist eigentlich nur noch ARTE erträglich und Zapping International ist sehenswert, da man viel über ein Land und seine Kultur lernt. Das Fernsehprogramm spiegelt die Gesellschaft wider.

Ich sehe gerne fern, aber leider nicht Richterin Barbara Salesch, Talkshows, in denen die Frauen sieben Kindern von 9 Männern haben und Vaterschaftstests durchführen lassen.

Daher finde ich es spannend, was in anderen Ländern im Fernsehen läuft und genau das zeigt ARTEs Zapping-Sendung.

Die Ex-Jugoslawen sind übrigens sehr TV-süchtig. Erst letztens habe ich gelesen, dass sie in Europa ganz weit vorne beim Fernsehkonsum sind, sie verbringen täglich durchschnittlich  drei bis vier Stunden vor der Flimmerkiste.

Haben die nichts anderes zu tun? Ein Zeichen für Arbeitslosigkeit und Perspektivlosigkeit?

Auf jeden Fall sehr interessant:

Bosnien Teil 1:

 

Bosnien Teil 2:



Zapping International Serbien:






Gotovina – aus der FAZ – gerecht?





18.11.2012
Nach Gotovina-Freispruch

Nicht nur Nationalisten

Von Michael Martens, Belgrad
 


22201969
Foto: AFP
 
Seit es das UN-Tribunal für das ehemalige Jugoslawien gibt, wird es in Belgrad von Misstrauen begleitet. Vojislav Koštunica, der letzte Präsident des aufgelösten Jugoslawien, formulierte dazu im Jahr 2002 in einem Interview mit dieser Zeitung einen Satz, der den Argwohn auf den Punkt bringt: Der serbische Nationalist nannte das Kriegsverbrechertribunal „eine Art historisches Symposion“, an dem die Geschichte des Balkans umgeschrieben werde - auf eine sich gegen Serbien und die Serben richtende Weise.
Koštunica repräsentiert mit dieser Haltung eine große Mehrheit in Serbien. Seit Jahren vollzieht sich in Belgrad dasselbe Ritual, wenn das Haager Tribunal ein Urteil spricht. Ist der Verurteilte ein Serbe, heißt es, er sei zu Unrecht, zumindest aber zu streng verurteilt worden. Ist es ein muslimischer Bosniake, ein Kroate oder ein Kosovo-Albaner, war das Urteil zu milde oder, handelt es sich um einen Freispruch, ein Skandal. So war es zuletzt im Februar 2009, als das Haager Tribunal zwar den ehemaligen serbischen Präsidenten Milutinović freisprach, seine fünf Mitangeklagten aber der Kriegsverbrechen im Kosovo für schuldig befand und zu Haftstrafen von insgesamt 96 Jahren verurteilte.
Die Empörung über das Urteil zog sich durch fast alle Parteien. Ivica Dačić, damals Innenminister, heute Regierungschef Serbiens, bezeichnete das Urteil als Bestätigung dafür, dass in Den Haag „politische Verfahren“ geführt würden. Koštunica äußerte, das „antiserbische“ Tribunal wolle nur die Bombardierung Serbiens durch die Nato rechtfertigen, der damalige Oppositionsführer und heutige Staatspräsident Tomislav Nikolić sprach von „Doppelmoral“.

Selbst Menschenrechtler kritisieren das Haager Tribunal

Einzig die auf dem gesamten Balkan bekannte serbische Menschenrechtsaktivistin Nataša Kandić wich wie üblich von diesem Tenor ab. Das Urteil enthalte Tatsachen, nicht Meinungen, sagte sie. Den Tatsachen über Handlungen militärischer, polizeilicher und politischer Funktionsträger des alten Regimes müsse Serbien sich stellen. Trotz Morddrohungen und Beschimpfungen als „Hure des Westens“ unterstützt Nataša Kandić die Arbeit des Haager Tribunals seit Jahren. Ihre „Stiftung für Menschenrechte“ hilft, Kriegsverbrechen aufzudecken, die in den neunziger Jahren von Serben an ihren Nachbarn begangen wurden.
Unter anderem gelangte Frau Kandić über Umwege in den Besitz von Videoaufnahmen, die serbische Freischärler über ihr Massaker an Muslimen in Bosnien angefertigt hatten. Die Veröffentlichung der schwer erträglichen Aufnahmen führte in Serbien zu einer in dieser Heftigkeit bis dahin nicht gekannten öffentlichen Auseinandersetzung über Schuld und Sühne. Daher ließ es aufhorchen, dass nach dem Freispruch für den kroatischen General Ante Gotovina vergangene Woche sogar diese kompromisslose Menschenrechtsaktivistin und serbische Antinationalistin das Haager Tribunal kritisierte.
Gotovina war ursprünglich zu 24, sein Mitangeklagter zu 18 Jahren Haft verurteilt worden. Das serbische Programm des Senders „Radio Free Europe“ berichtete, in der Kritik des Freispruchs seien sich ausnahmsweise mit den Politikern und der Mehrheit der Bürger auch Nichtregierungsorganisationen, „die die Arbeit des Haager Tribunals immer unterstützt haben, nahezu einig“.
Der Freispruch werde weder Opfern noch Tätern gerecht, wurde Nataša Kandić von dem Sender zitiert. Es sei Tatsache, dass einige ehemals serbisch besiedelte Gebiete Kroatiens auch fast 20 Jahre nach Kriegsende noch nahezu menschenleer seien. „Die Tatsachen zeigen, dass sich schwere Verbrechen ereignet haben, und mit diesem Urteil ist es jetzt der Eindruck, dass es diese Verbrechen nicht gegeben habe. Sie wurden auf diese Weise minimiert, es wurde ihnen die Form vereinzelter Vorfälle gegeben.“ Nun sei es fraglich, ob die Verbrechen noch verfolgt würden, so Nataša Kandić. Unterstützung erhielt sie vom kroatischen Menschenrechtsaktivisten Žarko Puhovski.
Der ehemalige Vorsitzende des kroatischen Helsinki-Komitees für Menschenrechte sagte, das Urteil helfe jenen in Zagreb, die einen Schlussstrich unter die Debatte darüber ziehen wollten, dass es im Zuge der Befreiung kroatischen Territoriums von Belgrader Besatzung zu Verbrechen an serbischen Zivilisten gekommen sei. Es interessiere ihn nun allerdings die Meinung jener Kroaten, „die behaupteten, dass Den Haag nicht befugt ist, Geschichte zu schreiben, und dass es eine antikroatische Institution sei“, sagte Puhovski sarkastisch.

Zwei von fünf Richtern waren gegen das Urteil

Die Kritiker des Freispruchs für Gotovina und seinen Mitangeklagten Mladen Markač stützen sich vor allem auf die abweichende Meinung des italienischen Richters Fausto Pocar. Denn zwei Richter der Berufungsinstanz waren gegen das Urteil, wurden aber von den anderen drei überstimmt. Die Mehrheit der Richter kritisierte das Urteil der ersten Instanz, laut dem 1995 jeder Einschlag von kroatischen Granaten in serbisch besiedelten Städten der Kampfgebiete, der mehr als 200 Meter entfernt von einem militärischen Ziel erfolgte, als das Ergebnis eines gezielten Schusses auf zivile Ziele zu werten sei.
Dieser „200-Meter-Standard“ sei willkürlich, so die Berufungsinstanz. Pocar stellte dazu in der Begründung seiner abweichenden Meinung fest, wer den „200-Meter-Standard“ fehlerhaft nenne, hätte einen korrekten Standard identifizieren und in das Urteil einfließen lassen müssen.
Während man die Richter des vorigen Urteils beschuldige, keinen gut begründeten Standard für den Schuldspruch vorgelegt zu haben, versäume man es, einen solchen Standard für den Freispruch vorzulegen, so der Richter sinngemäß. Außerdem glaube er nicht, dass der Gerechtigkeit Genüge getan werde, wenn die in mehr als 1.300 Seiten „nicht leichtfertig“ vorgebrachten Schuldsprüche der Kammer „ohne genaue Berücksichtigung des Prozessprotokolls und ohne angemessene Erklärung in nur wenigen Absätzen vollkommen umgekehrt werden“. Juristisch ist das letzte Wort gesprochen, politisch wird es den Balkan wohl noch lange beschäftigen.

Text: F.A.Z.
Bildmaterial: AFP

Das Urteil auf Englisch 

19. November 2012

Heidi, deine Welt sind die Polyesterberge

Mein nächster Post sollte das Thema Identität und Identitätskonflikt vertiefen.
Ein wenig ernster sein, dosta više zajebancije (jetzt reicht´s mit dem Spaß).

 Aber dann kam nicht Polly, sondern Achtung...................................................HEIDI.

Wer jetzt an Heidi Klum denkt, wird leider enttäuscht werden.

Eine Gastarbeiterfamilie aus Serbien, die nach Zürich ausgewandert ist, nahm es mit der Integration allzu wörtlich und gab ihrer kleinen neugeborenen Fee den wunderschönen Namen Heidi.

Vielleicht waren die vielen schneebedeckten Berge eine Inspiration, die frische Milch und die Ziegen im Hinterhof.

Als Heidi sechs Jahre alt war, sagte sie: „Wänn i  gross bi, wärde i Prinzässin!“

Das Mädchen hielt Wort. Nun wurde es eher Cindy aus Marzahn als Prinzessin, aber Heidi erreicht immer ihre Ziele. Und wenn das Maitli (Mädchen) mit seinen blonden Locken seinen Papi mit den großen Augen ansieht, dann bekommt es zum 18. Geburtstag eine Party aus Zuckerguss wie im Cupcake-Land. Tja Herr Janković, das haben Sie nun davon, hätten Sie ihr mal den Fernseher aus dem Zimmer genommen und sie nicht immer „My sweet 16“ sehen lassen.
Jetzt hat der Zuckerguss den Medienschätzungen zufolge mindestens 100.000 € gekostet und der Familie mittels Internet fragwürdigen Ruhm beschert.

Gibt es so etwas bei den Deutschen? Hm, mag sein, kenne jedoch keinen Schwabo, der so gefeiert hat.
Gibt es so etwas bei den Jugos. Definitv!

Ich weiß gar nicht, wo ich mit meinem Lob anfangen soll. Bei der Mottofarbe, die eher an My little pony oder Die Glücksbärchis erinnert als an einen Geburtstag?
Bei dem vielen Polyester und Polyamid, das eigens aus China eingeflogen wurde?
Da helfen auch die häufigen Outfit-Wechsel nicht.

Bei dem Styling, das arg an Fran Fines Mutter Sylvia oder an die Oma Yetta aus Die Nanny erinnert?


Bei der Tatsache, dass Heidi im Jahr 2010 noch glänzende Feinstrumpfhosen trägt und um das Ganze zu krönen, ihre Feinstrumphosen-Füße auch noch in offene Sandalen steckt.
Nein, ich habe keinen Mode-Blog, es gibt zu viele gute, aber es gibt so Basics, die jede Frau kennen sollte und dazu gehört, dass Feinstrumpfhosen so out sind, dass Anna Wintour sofort mit ihrer Sonnenbrille in der front row an einem Herzkasperl umkippen würde oder die Strumpfhose höchstens nutzen würde, um Heidi damit zu strangulieren.
Aber da Anna nie die Fassung verliert, würde sie es wohl bevorzugen, einfach zu sterben.

Heidi dachte, wenn sie einfach einen riesen großen weißen Stuhl anfertigen lässt, dann sieht sie klein aus wie Alice im Wunderland nach dem Nippen am Zaubertrank und die Rubensfigur, eingewickelt in Geschenkpapier kommt besser zur Geltung.

Dann fallen auch die durchsichtigen BH-Träger aus Plastik nicht auf oder die Colaflasche im Vordergrund.

Heidi hat mittlerweile eine eigene Fangemeinde auf Facebook, die User bedauern: Ich war nicht auf Heidis Party, sie wird gefeiert als die Queen of decadence and bad taste und wir alle warten auf Heidis Hochzeit mit dem Geissenpeter :-) Heidi, du hast es geschafft, du bist berühmt!

In der Zwischenzeit empfehle ich dir diesen „Prinzessinnenblog“ Heidi, du musst dich nicht jeden Morgen in der rosa Zuckerwatte wälzen, um dich anzuziehen und sie dann abends aufessen:

Like a princess by Kuka 

So trägt man Rosa: Atlantic Pacific

Es bleibt mir nur eines zu sagen: Gott sei Dank ist sie kein Jugoschwabo, und jetzt zurück in das Studio in die Schweiz!

La Suisse: zero points.























    

17. November 2012

Homo balcanicus vs. Homo germanicus

Jedes Jahr am Schulanfang das gleiche Drama. Ein oder mehrere neue Lehrer gehen die Klassenliste durch und rufen jeden Schüler im Rahmen der Anwesenheitskontrolle auf.

„Ametspichler?“
„Hier!“
„Bauer?“
„Hier!“
„Brandner?“
„Hier!“

So geht der Lehrer alle Schüler nach Nachnamen durch und landet dann irgendwann bei mir.

„.......Schweigen....“
Ich: „Ja das bin dann wohl ich.“
Lehrer: „Wie spricht man das aus?“
Ich: „SnjEžana.“
Lehrer. „Schnijesaaahna.“
Ich: „Nein, SnjEžana. Die Betonung liegt auf der ersten Silbe auf dem E.“
Lehrer: „Schneeeeeeetsanna.“
Ich: „Nein, Snježana, das nj ist wie das ñ in España und das ž ist wie j in journal.“
Lehrer: „Snijeschana.“

Ich= der ewige Jugo.

Nach zehn Versuchen, Gelächter und Schweißperlen auf der Stirn des Lehrers kapituliere ich.
„Ja genau, wunderbar, Snijeschana (dabei denke ich: Hinterwälder-Bayer, noch nie aus dem Dorf rausgekommen, keine Ahnung, was ein französisches j ist und ein spanisches ñ), Sie haben´s aber schnell gelernt!“
Ich glaube, es gibt kaum jemanden in Deutschland, der seinen Namen öfter selbst ausgesprochen und erklärt hat, als ich.
Und das waren seit frühester Kindheit die Momente, in denen ich mich nicht deutsch gefühlt habe, in denen ich gemerkt habe, dass ich zwar hier geboren, aber irgendwie dennoch ein Gastarbeiterkind bin. Ich habe Dirndl getragen und das Lied mit Heidi und deine Welt sind die Berge auswendig gelernt. Ich war im katholischen Religionsunterricht, weil es damals noch kein Ethik gab und trug meine St. Martins Laterne neben Veronikas, Maximilians, Steffis und mindestens jeweils vier Florians und Michaels.

Ich=Deutsch.

Und trotzdem spürte ich damals schon, dass es nicht zu 100 % das ist, was ich bin.
Es gab so viele Unterschiede zwischen meinen deutschen Freundinnen und mir.
Sie spielten Klavier, ich Akkordeon.
Sie aßen abends oft kalt, wir aßen warm.
Sie aßen Vollkorn, wir Weißbrot.
Ihre Eltern erklärten ihnen die Hausaufgaben, ich versuchte meinen aufgelösten Eltern zu erklären, dass ein kec (eine eins) im Zeugnis etwas Gutes ist und keine 6.
(Im ehemaligen Jugoslawien war die 5 die beste Note und die 1 die schlechteste).

Ich=Jugo.


Und dann kamen die Ferien und wir fuhren runter. Ich weiß noch, dass ich meinen Freundinnen dort immer einen Haufen der allseits beliebten Milka-Schokolade mitbrachte. Eine davon, Bojana, öffnete die Verpackung, legte die Schokolade auf den Boden und bot sie allen Umstehenden an. Mir wäre beinahe die Kinnlade in den Staub gefallen. Ich habe nicht verstanden, warum sie sie mit den anderen teilt, die Tafel war doch nur für sie bestimmt. Da brach meine deutsche Seite durch. Früher saß ich öfter auf dem Spielplatz inmitten anderer Mütter und die Frauen vom Balkan schüttelten den Kopf über die deutschen Mütter, die das Spielzeug ihrer Kinder mit einem Terminator-Blick bewachen und dann aufspringen. „Gibst du das bitte her, das gehört Jan-Vincent, nein, nein, Dragaaaana...gib das her.“
Die jugoslawischen Mütter schütteln den Kopf und tuscheln: „Kennst du schon den neuen Witz über deutschen Geiz? Eine Frau sagt zu ihrem Verlobten: Ich kann nicht mehr mit dir zusammen sein, hier hast du deinen Ring wieder. Daraufhin sagt er: Und wo ist die Schachtel?“ 
Natürlich sind das Stereotype, natürlich sind nicht alle gleich und natürlich mag ich die Deutschen, dennoch sind da sehr wohl große und nicht von der Hand zu weisende Unterschiede auch was den Geiz betrifft.
Ich war mit einer Freundin (deren Freund Deutscher war) bei ihrem Freund zu Hause. Sie öffnete einfach alle Getränke und Lebensmittel, auf die sie Lust hatte und trank und aß, wie es ihr beliebte. Als der Bruder ihres Freundes nach Hause kam (er wohnte da auch) musste es zum kulturellen Eklat kommen.

(Wirklich eine wahre Geschichte….)
„Suzana, hast du meinen Zitronenjoghurt gegessen?“
„Ja, ich habe EINEN Zitronenjoghurt gegessen.“
„Das war meiner. Ich will, dass du einen neuen kaufst.“
Suzana spöttisch:
„Oh sorry, da stand dein Name nicht drauf.“
„Und wieso sind hier 3 verschiedene Säfte offen?“
Suzana: „Weil wir getrunken haben, du weißt, das machen Menschen, um nicht zu dehydrieren. Auf dem Balkan zumindest.“
„Aber hättet ihr nicht nur einen Saft aufmachen können, wieso denn alle drei?“
„Na zuerst hatten wir Lust auf Orange, dann auf Apfel und dann auf Multivitamin...“
Später sagte sie mir: Was ist denn mit dem los, wohl zu viel Werbung mit dem Bauer-Joghurt gesehen, auf den Tom ein Post-It mit seinen Namen geklebt hat.“

Sagen wir es so, der Bruder war aufs Äußerste von den Balkanmädels genervt, die sich bedienen, alle Säfte aufreißen und diese nicht mal mit Wasser mischen und eben keine Schorle trinken, damit der Saft länger hält.
Für Jugos ist das kleinlich und das Leben zu kurz, um Schorle zu trinken, wenn man auf die verdammte Schorle nun mal keine Lust hat.

Wir haben diesen Bruder noch oft auf die Schippe genommen, vor allem als er einmal Geld fürs Benzin verlangt hat, weil er uns zu mir nach Hause gefahren hat und das waren immerhin 40 km. Wenn ein Mann eine Frau nach Hause fährt und dann Benzingeld von ihr will, dann kann es sein, dass sie dämonische Kräfte entwickelt und ihn mit einem Blick in Flammen aufgehen lässt oder er wird unmittelbar vom Mann zum Nicht-Mann degradiert und folglich aus der Wahrnehmung einfach ausgeblendet. Ich möchte noch erwähnen, dass er sowieso diesen Weg gefahren wäre, weil seine eigene Freundin auch bei mir im Ort wohnte und auf ihn gewartet hat. Aber als richtiger Deutscher wollte er es korrekt machen und die Kosten durch 3 teilen. Jugoslawen würden Gästen alles aus ihrem Kühlschrank anbieten, alles aus dem Keller und auch alles, was in Fässern auf dem Balkon steht, den Haustier-Hasen schlachten, wenn es sein muss oder zur Tanke fahren, um noch schnell Kuchen zu kaufen.

Ich=Jugo.

Ja, ich wohnte außerhalb von München, aber jedes Mal, wenn ich in München aus war und mich ein serbischer/kroatischer/bosnischer was auch immer Bekannter/Freundin nach Hause fuhr, lief das anders ab. Selbst auf die ausdrückliche Betonung hin, dass es weit ist, bestanden sie darauf, denn eine Frau fährt um 5 Uhr morgens nicht alleine mit der S-Bahn. Hätte ich ihnen Geld für das Benzin geboten, hätten sie sich beleidigt gefühlt.

Eine andere Freundin erzählte von ihrem einzigen und letzten Date mit einem Deutschen. Er hatte sie monatelang umworben und schließlich hatte sie ja gesagt. Das Problem nur war, dass nennen wir ihn Volker…einen fatalen Fehler begangen hat, als die Bedienung kam.
„Getrennt oder zusammen?“
„Getrennt.“, hatte Volker gesagt.
„Nein zusammen.“ erwiderte meine Freundin, zahlte die gesamte Rechnung, stand auf und teilte Volker mit: „So und heute Nacht viel Spaß mit deiner rechten Hand.“

Merke: willst du mit einer Jugo-Frau zusammen sein, zahl die Rechnung, ganz egal, ob sie nur einen Latte Macchiato hatte oder Lobster, zahl sie Mensch und bedank dich für ihre reizende Gesellschaft!

Da gibt es dieses Jugo-Lied: Ništa nije skupo, kad pored sebe imaš pravu ženu, i reći ću svima, koji me zovu i slepim i glupim, dobro dok imam s´čime da je kupim. (Nichts ist zu teuer, wenn man neben sich die richtige Frau hat und ich werde allen sagen, die mich blind und dumm nennen: alles ist ok, solange ich noch das Geld habe, sie zu „kaufen“.

Anderer Schauplatz. Jedes Mal, wenn ich in einem Land bin, in dem die Gesamtrechnung aller Restaurantgäste einfach durch die Anzahl der Gäste geteilt wird, fühle ich mich ungerecht behandelt.
Oft ist es mit Jugomädels so. Eine ist immer dabei, die meint, Champagner gehört zu ihrer Louis Vuitton oder es muss ein Kobe-Rind sein. Ich nippe am Wasser und zahle später mehr, als ich eigentlich konsumiert habe. Da bricht dann das extrem Deutsche aus, auch in den USA. (Wieso muss ich JEDEM Trinkgeld geben, wieso bezahlt der Arbeitgeber die nicht anständig, ihre Nettigkeit ist doch so gekünstelt....und ach Herrgott die tax kommt auch noch drauf…).

Ich=Deutsch

Aber Witz beiseite. Eigentlich geht es mir um Identität. Wer bin ich? Bin ich Deutsche? Bin ich Jugoslawin? Bin ich Bosnierin? Bin ich eine Deutsche mit Migrationshintergrund? Bin ich deutsch, weil man Pass deutsch ist? Oder bin ich jugoslawisch, weil mein Herz vom Balkan ist. Jemand sagte mir einmal, ich denke deutsch und fühle jugoslawisch. Vielleicht trifft es das am besten.
Ein anderer drückte es so aus: Du gehörst zu dem Land, in dessen Sprache du denkst und träumst.
Hm..ich träume in Bildern..wenn ich happy bin denke ich deutsch: Oh, was für ein schöner Tag.
Wenn ich wütend bin, denke ich jugoslawisch: Ma pizda ti materina, ubit ću te! Goni mi se s`očiju.

Hier ist man eben immer die Ausländerin und „unten“ ist man immer die „iz Njemačke“ (die aus Deutschland).
Das erkannte man daran, dass meine Milchzähne vollzählig waren und nicht schwarz, dass meine Puppe sauber war und gekämmt und wenn ich mit der Katze spielte, wollte ich sie nicht im Fluss ertränken.

Ich hatte einmal einen gelben Elefanten namens Dusty. Irgendwann stopfte meine Mama ihn in eine Tüte und ab damit nach Bosnien, so wie mit allem, das entweder wertvoll war und ins Haus kam oder das verschenkt wurde.
Dusty kam zu einer Cousine und machte seinem Namen bald alle Ehre. Sie zog ihn im Dreck hinter sich her und ihre Puppen sahen aus wie Chucky die Mörderpuppe, ihnen fehlte ein Auge, das Haar, oder mindestens ein Arm oder Bein, meistens waren sie auch noch nackt.

Ich=Deutsch.

A propos Haus. Oh mein Gott, das Haus! Als meine Eltern ihr Haus abrissen und ein neues bauten, wollte ich alle Hankwerker eigenhändig an ihren Testikeln zusammenknoten und im Garten zum Rausch ausschlafen über die Wäscheleine hängen und ihnen so ihre Inkompetenz austreiben.
Türen waren schief, Leitungen falsch verlegt. Nach Ankunft auf der Baustelle versammelten sich alle erst einmal um den Bierkasten und fragten, was es denn nachher zu essen gäbe.
Als ich meiner Mutter sagte, sie müssen die Tür meines Zimmers rausnehmen und neu einbauen, weil sie unten an den Fliesen entlangschrammt und nicht zu schließen ist, durfte ich mir anhören, dass wir nicht in Deutschland seien und dass ich froh sein kann, dass sie sie überhaupt richtig herum eingebaut haben.

Ich=Deutsch.

Überhaupt nervt Vieles in Ex-Jugoslawien, vor allem die weit verbreitete Meinung, wir „Deutschen“ seien reich. Eine der Lieblingsbeschäftigung jugoslawischer Frauen oder Mädchen ist es, die Koffer der Deutschen zu durchwühlen und dann so lange zu betonen, wie schön dieses Kleidungsstück ist, bis man den Wink mit dem Zaunpfahl verstanden hat und denkt: Na soll sie haben das Teil von H&M für 30 Euro. Teilweise habe ich mich geschämt, dass ich mehr hatte, als sie und meine Uhr, mein Parfum etc. daheim gelassen. Jugos, die nicht im Ausland leben, denken in Deutschland regnet das Geld vom Himmel und man muss nur das Fass auf dem Balkon aufmachen. Sie sehen nicht, wie viel die Einwanderer arbeiten und wie bescheiden sie hier oft leben.

Ich=Deutsch.

Und was ist mit dem Argument, die Deutschen seien kühl? Mag etwas dran sein.
In Deutschland kannst du von München nach Hamburg fliegen/mit dem Zug fahren und kein Mensch spricht dich unter Umständen an.
Der Einzige, der mich mal im Zug von Zürich nach München angesprochen hat, war ein Amerikaner, der Schach spielen wollte.
In Ex-Jugoslawien erzählt dir dein Sitznachbar sein ganzes Leben, zeigt dir alle Fotos seiner Kinder und packt dann die pita seiner Frau aus und bietet sie dir an.
Wir Jugos küssen uns, ja viele sogar drei Mal bei der Begrüßung, ja auch die Männer.
Die Deutschen geben sich hingegen die Hand oder nicken mit dem Kopf, heben die Brauen und sagen: „Hallo.“
Bei Familienbesuchen wird man so oft geküsst und geherzt, dass man nachher von seiner Wange Speichelproben nehmen und zum DNA-Test einreichen könnte.
Wir umarmen uns und unsere Türen stehen zumindest auf dem Land immer offen.
Ich war noch nie bei jemandem zu Besuch, dessen Haustür geschlossen, geschweige denn zugesperrt war. Amerikaner sagten mir, dass es sie wundert, dass hier in Deutschland alle Türen in der Wohnung geschlossen sind und dass sie ihre immer offen lassen, sie denken, die Deutschen wollen ihre Privatsphäre haben.

Es ist keine Seltenheit, dass man auf dem Balkan auch mit über 25 oder 30 noch in einem Haus mit seinen Eltern wohnt und dass die zukünftige Ehefrau des Sohnes einfach mit einzieht.
In Deutschland zahlt der Vater die Studentenbude oder die erste WG und sagt: Studier was und sauf nicht so viel.

Ich kenne Jugoeltern, die beim Umzug helfen, sich heimlich in die Wohnung der Kinder schleichen, um zu putzen oder eine Lampe anzubringen, während die deutschen Schwiegereltern dastehen und konstatieren: Ja, ihr habt zu tun, wir gehen dann mal.

Gefühle werden bei Jugos viel intensiver zum Ausdruck gebracht, ganz egal ob positive oder negative. Meine Mutter sagte mir oft: „Ja sam rodila u ovaj svijet, ja te mogu i maknuti sa njega.“ (Ich habe dich in diese Welt geboren, ich kann dich aus wieder aus ihr entfernen.) Aber natürlich meinte sie es nicht so und im nächsten Moment konnte sie feststellen, wie sehr sie uns Kinder liebt und dass wir sie zu selten anrufen und sie könnte ja tot in der Ecke ihrer Wohnung liegen, in Deutschland liegen viele alte Menschen tot in ihrer Wohnung und die Nachbarn kümmern sich nicht.

Ja Mama, ich ruf dich öfter an und prüfe alle 2 Wochen, dal ležiš mrtva u ćošku...

Ein Deutscher, der verlassen wurde, kommt ins Büro uns sagt, er fühlt sich nicht gut, während sein Jugo-Arbeitskollege aus selbem Grund schon draußen am Gerüst hängt und sich vom 8. Stock fallen lassen will.

Ich=Jugo.

Ich habe einmal ein Praktikum bei BMW gemacht. In der Abteilung war das Lager gespalten zwischen den Lateinamerikanern und den Deutschen. Ich gehörte aufgrund der Telenovelas und den Spanischkenntnissen zu den Lateinamerikanern.

Die Deutschen waren pünktlich, still und höflich und schrieben E-Mails an ihre Kunden und trugen gedeckte Farben und kein Make-Up. Ungefähr so:

Die Lateinamerikaner und -innen kamen zu spät, gackerten laut, gingen erst einmal gemeinsam frühstücken, telefonierten mit Südamerika lauthals, fragten wie es der kranken Mutter geht, der Kuh, die gerade gekalbt hat, sie trugen dralle Farben und vieeeeel Make-Up. Bei einigen Frauen war ich nicht einmal sicher, ob sie wirklich zwei X-Geschlechtschromosomen hatten.


Eine (deutsche) Kollegin (mit einem Ausländer verheiratet) hieß Boucetta mit Nachnamen und sie wurde heimlich nur Miss Vagina genannt, da „buceta“ auf Portugiesisch, naja googelt selbst.
„Na Frau Boucetta, nehmen Sie heute die Wiener Würstchen oder die Currywurst?" Und kein Südamerikaner schien sich über den Witz zu stören, während die Deutschen schon etwas vermuteten und eine Mail an den Betriebsrat verfassten. Gelacht hat von denen niemand.

Waren die Deutschen also professionell und die Lateinamerikaner mit dem Jugo, der sich eingeschlichen hat, nicht?

Mir erklärte Magdalena aus Mexiko, dass die Südamerikaner eine gesellige Kommunikation erwarten, sie sei schlicht gezwungen gewesen, sich nach seiner Kuh zu erkunden, sonst hätte der Kunde gedacht, sie interessiert die Geschäftsbeziehung nicht.

Ok..Ich=Jugo/Mexikanisch.

Dieser Post könnte noch viel länger werden, im Endeffekt läuft es darauf hinaus ni tamo ni vamo (nicht hier und nicht da). Ich bin ein Jugoschwabo und ein anderes Wort fällt mir nicht ein, aber ich weiß, dass ich noch oft, noch sehr oft darüber schreiben werde und dass man das Thema auch ernster beleuchten kann.

Haben wir Jugoschwabos einen Identitätskonflikt?

Wir zahlen hier Steuern und rufen beim Eurovision Song Contest doch für „unser“ Land an.
Beim Fußball dasselbe und wenn ein Jugo doch ein deutsches Trikot anzieht, muss er sich eventuell anhören, wieso er es trägt, er sei ja schließlich kein Müller oder Schneider.

Wer sind wir, und wenn ja, wie viele?






 n Jan-Kevin, nein nnderBalkan schütteln den Kopf übe dbekam.h b

es

8. November 2012

Samba Tzigane- Das ist Jatz!



Es ist Herbst. 
Unbestreitbar. 
Eine Bekannte postete bei Facebook: „Der Erste, der ein Herbstlaub-Foto mit Bildunterschrift „Indian Summer“ online stellt, kriegt eine geschallert!“
Ich kann sie verstehen…
Aber wenn es kälter wird, dann ändert sich meine Stimmung und wohl auch der Musikgeschmack.
Ich sehe mich dann durch den German Indian Summer laufen. Vielleicht nieselt es ein wenig und ich ziehe meinen Schal fester zu.
Meine Gedanken kreisen um eine elegante Hotelbar, in der ich einmal saß.
Wuchtige dunkelbraune Ledersessel, edle Hölzer, schwere Gardinen, ein Teppich, in dem Absätze zentimetertief versinken und ein dickwandiges, geschliffenes Kristallglas mit altem Whiskey. Golden, glänzend. Und immer spielt an solchen Orten leise ein einlullender Jazz. An solchen Orten, die ein wenig an Hemingway oder den großen Gatsby erinnern, kann man nicht Katy Perry hören, ohne dass es vollkommen deplatziert wäre.

Früher war ich von Jazz genervt. Er war mir zu unruhig und tüdelditü und tada, keine Melodie, alles durcheinander, der Rhythmus hinkt hinterher, dann rennt er der Melodie wieder davon, alles Absicht, alles schon richtig so, aber zu wirr für mich und unruhig. Eine schreckliche Musik. Vor allem Bebop. Bei Amazon gibt es sogar eine CD „Ich mag keinen Jazz, aber das gefällt mir“ oder so ähnlich. Und dann dieser Typ in Sex and the City Staffel 4, Ray King. Er nervte sogar Carrie mit seiner Hyperaktivität und seinem Jazz-Gedudel, so dass sie die Beziehung beenden musste.
Wie ein kleiner Duracel-Hase auf Speed, dachte ich.
Aber die Titelmelodie von SATC ist auch eine Form von Jazz und zwar Latin Jazz komponiert von Douglas Cuomo und das hörte sich dann gar nicht einmal so schlecht an. Ein wenig Bossa Nova-like. Und jeder mag doch zumindest das Girl from Ipanema.

Ich weiß auch nicht genau wie und wann und wo, aber schließlich bin ich beim Jazz gelandet und da er wahnsinnig viele verschiedene Stile umfasst, kann man nicht sagen: Ich mag keinen Jazz. Ursprünglich entwickelte er sich in den Südstaaten der USA aus Musik der versklavten Afrikaner und erfreute sich bald großer Beliebtheit.
Ich wusste auch, dass es in Jugoslawien eine Jazzszene gegeben hatte. Jazz wurde nicht als Rebellion verstanden wie in anderen kommunistischen Ländern, trotzdem war ich verwundert, als ich entdeckte, dass einer der berühmtesten Jazz-Trompeter überhaupt aus Bosnien stammt. Sein Name ist Duško Gojković, er wurde 1931 in Jajce geboren. Was für eine Ironie, wo ich doch geschrieben habe in einem der ersten Posts, dass ich keine Ahnung habe, wo Jajce liegt.
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Besagter Herr wanderte ziemlich früh nach Deutschland aus, da er seine Musikkarriere vorantreiben wollte und lustigerweise lebt er heute noch immer in Deutschland in der Nähe von München, also ein Jugoschwabo.

Er hatte mit 16 jemanden Jazztrompete spielen gehört, sich in die Musik verliebt und anschließend war er entschlossen mit seiner Trompete nach Belgrad in die Musikschule gegangen. Mit 24 folgte dann die Emigration, er spielt in Frankfurt bei den Frankfurt All Stars und unter anderem bei Max Greger. Mein Papa hatte Max Greger-Schallplatten daheim, an die erinnere ich mich, ob er Duško kannte? Ihr kennt sicherlich noch diese riesigen Audio-Racks, die fast 1,20 m hoch waren. Ganz oben konnte man Platten abspielen und weiter unten Kassetten. Ich glaube, mein Papa versteht immer noch nicht, wieso aus einem kleinen, weißen Rechteck so gute Musik kommen kann und gerade fällt mir ein, dass meine Mama die DVD anfangs immer zurückspulen wollte, bevor wir sie zurück in die Videothek bringen, weil sich der Verleiher sonst aufregt.
Naja, auf jeden Fall eine der Jazzgrößen, Stan Getz, ermutigte Mister G nach New York zu gehen, was Duško auch tat. Dizzy Gillespie nahm ihn unter seine Fittiche und gab ihm das nötige Selbstbewusstsein.
Aus einen Interview: „Wenn ich mit Dizzy spielte, dachte ich immer nur: Was hab ich für ein Glück, New York ist voll von fantastischen schwarzen Trompetern, und dann kommt einer vom Balkan und will auch noch mitmachen! Aber Dizzy sagte nur: Ich hab dich gehört. Ich weiß, was ich meine. Du bist gut.“

Und er ist gut. Er mag langsame Lieder, komponiert viel selbst und hat mit der Zeit seine Nische gefunden. Alle hatten ihm stets versichert: „You have to be original.“ So fing er an, Ethnoklänge aus der Heimat einfließen zu lassen und heute gilt er als der Urvater und Erfinder der Stilrichtung Balkanjazz, der fusion of Balkan music, die dem Jazz ein wenig Jugoleben einhaucht.

Eines der berühmtesten Werke dieser Richtung ist wohl Samba Tzigane.



Vor circa zwei Wochen trat der inzwischen 81-jährige Altmeister in der Nähe von München auf. Das kleine Dörchen heißt Dießen, ich hatte Karten reserviert und kämpfte mich durch den ersten Schnee knapp 50 km in das gottverlassene Nest, um Duško live spielen zu hören. Er war früher einmal Leiter des Landesjugendorchesters im Bereich Jazz und einer seiner Exschüler hatte ihn in einen kleinen Gasthof eingeladen.

Ich komme also hin und hebe den Alterdurchschnitt schlagartig um 30 Jahre. Ich übertreibe nicht, wenn ich sage, dass dort fast nur ältere Menschen saßen, lauter Sepp Obermaiers und Reserls Hinterdupfingers. Ich frage mich, ob sie alle wissen, dass heute Jazz gespielt wird oder ob sie mit den Wildecker Herzbuben rechnen?

Vor mir sitzen zwei Damen, eine älter als die andere.
Die 70-jährige sagt: „Wos isn da los haid?“ (Was ist da heute los? Jetzt müssen sogar die Bayern wie bei Bauer sucht Frau untertitelt werden...)
Die 50-jährige antwortet: „Mama, die spuin a Musi.“ (Mama, die spielen Musik.)
70-jährige: „Wos spiun die dann nachad? Volksmusik?“ (Was spielen die denn, Volksmusik?)
50-jährige: „Na, da stehts doch aufm Zettel, die spuin Jatz!“ (Da steht´s doch auf dem Zettel, die spielen Jatz!"
70-jährige: „Wos is des?“ (Was ist das denn?)
50-jährige: „Mei Mama, du hast koa Ahnung ned, des is wos ganz Modernes aus Bosnien.“
(Mutter, du hast ja keine Ahnung, das ist was Modernes aus Bosnien.)

Ich lache und dann kommt Duško auf die Bühne, sieht keinen Tag älter aus als 61 und ich denke, dass er bestimmt nicht raucht und trinkt. Das hindert ihn nicht daran, in jeder Pause rauszugehen zum Rauchen und sich ein Glas Wein zu bestellen und später auch noch einen fettigen Schweinebraten zu verdrücken. Ich hätte es wissen müssen, ein Mann vom Balkan und das Schwein. Eine Liebe für immer!

In den Pausen erzählt von der Drogensucht Chet Bakers und von der gemeinsamen US-Tour, die per Zug absolviert wurde. Chet war meistens so drauf, dass er nicht einmal wusste, in welcher Stadt er gerade spielte und dann Duško fragte. „Wir sind in Cinicinnati.“ sagt er dann oder „Wir sind in Chicago.“
„Hey Duško, you should try this stuff, I am so happy, I can hear birds singing and I see angels`eyes.“
„No thanks“, hatte Duško erwidert, „I prefer to play Angel eyes.“

An einer Wand hängt ein Bild vom Märchenkönig Ludwig II., der gute alte Kini. Er sieht genau auf  Duško herab, der eine Liebesbeziehung zu seiner Trompete hat. Er setzt ihr einen Dämpfer auf und spielt so wunderbar weich und melancholisch, dass alle Bayern ganz verzückt sind. Kini scheint zu lächeln und dann sehe ich, warum Mister G wohl so jung aussieht. Er liebt das, was er tut. Ich sehe, wie der die Augen schließt und seine Trompete umarmt und seine Wange an sie drückt, während er eine Pause macht und alle anderen spielen. Er scheint, sie zu liebkosen wie eine Frau. Ich habe gelesen, dass er einen Schlüssel vom Bayrischen Hof hat und jeden Tag hinmarschiert, um auch nach über 60 Jahren noch täglich zu üben, wenn er nicht gerade wieder einmal in Japan oder Italien auf Tournee ist.

Denkt er an seine Heimat, wenn er „Bosna Calling“ spielt oder die „Melodia Sentimental“?
Was bewegte ihn zum Stück „Ballad for Belgrade“ oder „Macedonia“?
Vermisst er den Balkan? So vieles würde ich ihn gerne fragen, aber er fängt an, schnellere Stücke zu spielen, wenn er aussetzt, übernehmen das Klavier, das Schlagzeug oder das Bass-Saxophon und wenn er wieder einsetzt, springen die Bayer regelrecht von den Stühlen und klatschen begeistert um ihr Leben.

. Eine schreckliche Musik er Melodie wieder davon, alles Absicht, alles schon richtig so, aber zu wirr für meinfester zu.
 „Des is so guad des aus Bosnien!“ sagt eine der Resis... 


Und Kini lächelt immer noch auf den Mann aus Jajce herab (Jajce heißt übrigens kleines Ei, vielleicht wäre ich als Mann auch aus dem kleinen Ei weggegangen). 

Sneki

Interview mit Dusko Gojkovic 


Mein Lieblingslied mit Lounge-Feeling: Every day and every night I dream of you



Macedonia:


The nights of Skopje:


Ballad for Belgrade:


Bosna calling: