22. März 2013

Und wo warst du so lange? – Where were YU?

Als ich SRFJ bei Pinterest eingebe, stoße ich vor 2 Tagen auf dieses Foto:

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Ich lande ziemlich schnell auf Youtube und auf der entsprechenden Facebook-Seite und finde ein, für mich zumindest, Juwel. Sechzehn Folgen voller Themen des ehemaligen Jugoslawiens und zwar ohne Krieg, ohne Hass, ohne dass es um Kroaten oder Serben oder um die heutige marode Politik der Nachfolgestaaten geht. 

Da ist ein kleiner roter Stern im Vorspann auf gelb/goldenem Grund, der mich an meine Jugoschwabo-Seite und diesen Blog erinnert...



Die Dokureihe lässt Menschen über ihre Erinnerungen sprechen, sie zeigt sich etwas nostalgisch und auf der Website wird gefragt: Do yo miss YU?

Ich halte ein Jugoslawien 2.0 nicht für realistisch oder erfolgversprechend, aber HELL YES, ich vermisse YU aus meinen Kindzeiten und ich fühle mich betrogen, denn ich hatte nie die Gelegenheit, viel über dieses Land zu erfahren oder es sehr lange bewusst zu genießen. Ich war 12 als der Krieg ausbrach. Das ist alles was ich habe, Erinnerungen an Ereignisse, die schon über 20 Jahre alt sind.

Vorher wurde diese Reihe nirgends erwähnt und ich frage mich trotzdem: a gdje si bila do sad? (Wo warst du bis jetzt?) Ich habe so lange nach dir gesucht, so lange schon will ich einfach etwas über das Land lernen, ohne dass sich immer wieder Mord und Krieg dazwischendrängen wie ein böser Alptraum.

Bald finde ich mich wieder, wie ich daheim fast alle Folgen nacheinander ansehe und sogar neben den täglichen Pflichten einfach anhöre, während ich Dinge erledige.

Wie bitte? Es gab Tage, an denen durften nur Autos mit einer ungeraden Zahl auf dem Kennzeichen fahren und am Tag darauf mit einer geraden?

Und dann sehe ich Borosane, Schuhe, die an der Ferse und an den Zehen offen sind und die vom Schuhhaus Borovo produziert wurden.
Mir fällt Folgendes ein: Im Sommer 2000 habe ich ein paar Monate auf Ibiza verbracht. Ich wollte mein Spanisch aufpolieren und habe im Restaurant eines Serben aus Paris gearbeitet. Es hieß Es Timoner. Der Koch war Bosnier, der Hilfskoch Katalane und der Besitzer eben ein serbischer Politiker, der sich seinen Traum vom Restaurant am Yachthafen in Santa Eulalia erfüllt hatte.


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Er brachte mir damals Borosane und meinte, das würde die Füße schonen, wenn ich schon den ganzen Tag stehen muss. Ich habe diese Schuhe, an die ich mich nicht erinnern konnte, nur abfällig betrachtet und ihm mitgeteilt, dass ich die sicherlich nicht tragen werde. Später erst hat´s geklingelt, dass das noch Relikte aus Yu-Zeiten sein müssen. Besser, dass ich sie nicht angezogen habe...wer weiß, wer sie vor mir getragen hat.





Auch nach Stunden kann ich nicht aufhören und lausche den Yu-Phänomenen, denke an den Urlaub am Meer mit meiner Familie, überlege, ob ich auch Jugo-Comic-Heftchen gelesen habe und es kommen immer mehr Erinnerungen hoch, die auch für ein wenig Wehmut sorgen.

Jetzt weiß ich auch, warum die Schokolade mir nicht geschmeckt hat damals, es war eine secerna tabla, ein Gemisch aus Zucker und Pflanzenfett, die Analogmilka des Kommunismus.

Mein Fahrrad, das ich als Kind geschenkt bekam, entpuppt sich als Retro-Rad namens Pony. Man konnte es zusammenklappen und im Auto mitnehmen, meines war Rot. Der Fico meines Onkels, in dem wir nach Banja Luka getuckert sind, wird vom Tristac also in den Schatten gestellt. Oh Gott, war meine Familie arm, niemand hatte einen Tristac...(Fiat 1300).

Die Serie schafft es, dass ich mir auch die Teile über Sport ansehe und ich erfahre, wie romantisch der Boxer Mate Parlov war, ein Hulk, der seiner Frau Liebesbriefe schrieb oder wer Tito immer die Zigarren geklaut hat.

Schwelgend surfe ich auf den Wogen der Nostalgie und wie bei einer Droge ertappe ich mich dabei, wie ich mehr will.

Es fehlt so Vieles...wo ist die erfolgreichte Band ever aus Ex-Yu? Wo sind Bijelo Dugme? Wo ist Zikina dinastija? Cokolino, Medolino? Dino Merlin? Lepa Brena? Hajde da se volimo? Das gehört für mich unbedingt dazu!

Einen Kommentar in etwa diesem Wortlaut habe ich auf der Facebookseite der Doku hinterlassen und diese absichtlich nicht "geliked", da ich mir sowas schon gedacht habe, aber da ich mit einem Menschen/einer Seite befreundet bin/war...und das dennoch gesehen wurde, tauchte dann heute Morgen, welch Zufall, wie so oft, genau dasselbe Thema auf und noch bevor ich überhaupt A sagen konnte (ili pre nego sto sam mogla da zinem...) war auch schon ein Blogpost früh Morgens online.

Jedem das seine, aber die Themenvielfalt ist doch wirklich gegeben und ich stehe dazu, dass ich mich blöd fühle, wenn bestimmte Einzelthemen, die ich aufgreife,  zeitlich wirklich immer in kürzesten Abständen woanders auftauchen und in derselben Reihenfolge verarbeitet werden.
Natürlich mit eigenem Text, aber dennoch...Ich wünschte mir mehr Eigeninitiative, die ich selbst auch aufbringe und investiere. Mehrmals ist KEIN Zufall mehr.

Euch wünsche ich aber viel Spaß bei den 16 Folgen dieser interessanten Dokureihe.

Ihr werdet erfahren, wer bei Lepa Brena auf dem Schoß saß, ihr werdet Retro-Werbung sehen, hören wer wem die Schuhe während der radna akcija gestohlen hat, warum der Zagreber Saloon entstand, welcher Vogel dem berühmtesten Belgrader Cafe seinen Namen lieh, wer wem überraschenderweise eine geknallt hat und warum, welcher Schauspieler nach einer Preisverleihung seinem Sarkasmus freien Lauf ließ, warum Gojko Mitic bekannter in der DDR als in Jugoslawien war, wer sich bei Tito auf dem Schiff betrunken hat, wer einen Schlagzeuger immerhin zehn Tage lang als Freund hatte und eigentlich ein Streber war, welches Modehaus das Nonplusultra war, wer sich umgebracht hat und wieso Jacken mit blutverschmierten Löchern so en vogue waren.

Ich hoffe, ich habe euch Lust auf die Folgen gemacht.

Hier weiter unten findet ihr eine Episode, die anderen findet ihr alle auf Youtube.

Zwei DVD-Boxen mit allen Folgen könnt ihr hier und hier bestellen.











Alle Folgen sind auf Serbokroatisch, ohne deutsche Untertitel. Leider.

Da es ja mein Beruf ist....wer daran interessiert ist, die Serie nach Deutschland zu holen und untertiteln/voice-overn zu lassen: Ich bin dabei.
Do YOU miss YU too?

Alles Liebe

Snjezana




 

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