29. Oktober 2012

Oh yeah burn that damn cello!



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Meinen ersten zaghaften Kontakt mit Klassik hatte ich in der Schule. Wir hörten uns „Peter und der Wolf“ von Prokofjew an. Die einzelnen Instrumente wurden mit Tieren und Personen verglichen und trotzdem war klassische Musik langweilig. Ja, das ist die Ente, die Oboe, quak quak und das ist der Vogel, die Querflöte: träller, zwitscher, tüdelditü….Die Schule hat alles versucht, später mit der Moldau von Smetana.

Viel später, als ich mich längst auch für die langweilige Klassik interessierte, schleppte ich meinen Freund in die Oper zu einer Neuinszenierung von MacBeth. Der Arme hat sehr gelitten, war wohl nur aus Liebe mitgegangen und hielt das Ganze teils nur schlafend aus. Ein Hund war sogar aufgetreten und über ein Heer von Leichen gerannt. Als das Stück vorbei war, fragte ich meinen Freund: „Und was hat dir am besten gefallen?“ Antwort:„Der Hund, der hat nicht gesungen.“
Unter den Jugoslawen spielt oder spielte klassische Musik höchstens eine Rolle, wenn eine Frau mit Zahnseide am Körper sich in einem Videospot auf einem Klavier räkelt, spielen muss es niemand.Natürlich ist das überspitzt formuliert, aber dennoch ist ein Körnchen Wahrheit dran.
Als ich meinem Vater vor circa 25 Jahren eröffnete, dass ich Klavier spielen und Ballett tanzen möchte, bekam ich ein Akkordeon mit den Worten überreicht:„Hier Schatzilein, das ist wie ein Klavier, nur dass die Tasten vertikal verlaufen und es leichter zu tragen ist.“
Ich wurde aufs Übelste reingelegt, das Akkordeon ist eigentlich das populärste Instrument auf dem Balkan und es war immer der Wunsch meines Vater gewesen, es zu spielen und nun sollte ich seine Träume weiterleben. Ich begriff erst, dass ein Akkordeon wenig mit einer Ballerina gemein hat, als ich mich am Vaterstettener Volksfest in einem Dirndl Schuhplattler spielend auf der Bühne inmitten schenkelklopfender Bayer wiederfand. Die Rache wird mein sein, dachte ich. Ich spielte insgesamt fünf Jahre, aber jedes Mal im Unterricht sah ich mich, wie ich das Akkordeon anzünde und mit einem dämonischen Blick um das Feuer tanze.

„Peter und der Wolf“ hatte mich auch nicht vom Hocker gerissen, aber Vanessa Mae begeisterte mich, die schon vor David Garrett und Il Divo etc. Klassik aufgepeppt und elektronisch veredelt hat. Als vor zwei, drei Jahren Vanessa Calcagno bei das Supertalent auftrat und Caruso von Lucio Dalla vortrug, strömten die Tränen von ganz allein wie bei Pretty Woman in der Oper und wieder einmal war das der Beweis für mich, wie gut Pop und Klassik fusionieren können. Pavarotti wusste das, als er seine CDs Pavarotti and friends aufnahm. Die Jungs von Musical Healing wussten das, als sie sich als DJ und Geigenspieler zusammenschlossen, um Klassik mit Clubmusic zu kombinieren.

Und dann finde ich im Internet diese kroatischen Jungs…

Ich sehe ihre Videos an und denke: „Sie werden es kaputt machen, das Holz wird splittern, der Bogen wird reißen!“ und er reißt.
Wenn diese Männer spielen, dann fängt ihr Instrument auch Feuer, weil sie ihm alles abverlangen. In einem Interview erzählen sie, dass sie nach jedem schnellen Lied einen neuen Bogen benötigen und tatsächlich sieht man während des Spiels die Saiten nur so aus der Befestigung springen. Sie spielen teilweise so schnell, dass man denkt, Youtube läuft in speed forward und sie spielen überirdisch gut. Und wenn sie langsam spielen, weint das Cello, es klagt, lamentiert mit tiefen, dumpfen Tönen und sagt: Weine mit mir, ich bin dazu da, dir Gefühle und Emotionen zu entlocken.

Seit sie sich mit circa 14 Jahren auf kroatischen Cellowettbewerben kennenlernten, sind Luka Šulić und Stjepan Hauser keine Konkurrenten, sondern Freunde. Eines Tages stellten sie ihre Version des Michael Jackson Lieds Smooth Criminal ins Netz und innerhalb weniger Minuten explodierten die Klickzahlen. In nur einem Jahr avancierten sie von No Names zu internationalen Klassik-Rockstars, mit denen mittlerweile Elton John auf Welttournee geht. Sie traten bei GLEE im Michael-Jackson-Special auf und plaudern mit Jay Leno in seiner Show. Die Frauen lassen sich zu schlüpfrigen Kommentaren auf Youtube hinreißen, sie bewundern das „Fingerspiel“ und möchten Barbapapa-gleich zu einem Cello werden und plötzlich ist selbst Klassik sexy.


Seht selbst warum. Cellospieler sind keine Geeks mehr im Poloshirt aus gutem Hause, die ihre Eltern daheim mit Herr und Frau ansprechen und ihren 16-Uhr-Tee trinken. David Garrett zieh dich warm an!

                                                  2 cellos bei Ellen de Generes
 

Interview

Smells like Teen spirit

 

Fields of Gold


Pulp Fiction


                                     Luka spielt Gypsy Airs und bringt das Cello zum Weinen

                  
                                               Dragojević und Hauser - Nocturno- wunderschön!
                                                                                                                                                                                         


                                                           
Oh yeah burn that damn cello and then make it cry to slack the fire...

Sneki

Website von 2 Cellos
Am 22.12 in Zagreb und am 28.12 in Belgrad auf Tour
Luka Sulic
Stjepan Hauser




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