26. September 2013

Auffallend viele Kondome – a German girl in Bosnia


Dieses Jahr ist eine deutsche Freundin (aber nicht die erste) in das Haus meiner Eltern nach Bosnien gefahren, um uns alle zu besuchen. Mich interessiert es immer, was Deutsche so „sehen“, wie sie das Land empfinden und wie es ihnen gefällt.
Hier also ein kleiner Bericht meiner Freundin Carolin.
(Hi Caro :-))
1) Wieso bist du nach Bosnien gefahren?

Weil mich meine „älteste Freundin“ eingeladen hat.

Ich brauchte mal einen Tapetenwechsel und wollte auch etwas anderes erleben.

Mein Sohn sollte etwas von der Welt sehen.
Außerdem schien eine 10-stündige Busfahrt mit einem bosnischen Busunternehmen ein Abenteuer zu sein.

Ich glaube, Abenteuer trifft es ganz gut, da von den Fahrern niemand Deutsch sprach und aus 10 Stunden können je nach Lage an der Grenze auch mal schnell 17 Stunden werden.

Hinzu kommen seltsame Musikgeschmäcker der zwei Busfahrer, die während der Fahrt auch rauchen, obwohl das eigentlich verboten ist, die ganz hinten im Bus liegen und schlafen und laut schnarchen und einen bitten, eine Schachtel Zigaretten auf die eigene Kappe zu nehmen, weil derjenige selber zu viele dabei hat.

2) Wie hat dir Bosnien gefallen?

Bosnien hat mir sehr gut gefallen. Es ist ein wirklich schönes Land. Baulich und menschlich nicht mit Deutschland vergleichbar, obwohl die Landschaft aber ländlichen Gebieten in Deutschland ähnelt.


3) Was war anders, als du es dir vorgestellt hast?

Ich habe mir gar keine Vorstellungen gemacht. Aber es war das Schwimmbad.

Das Schwimmbad hatte bei 28/29 Grad schon zu, weil die Temperatur gefallen war und es zu kalt war! Staunen auf unserer Seite und Ausweichen auf den nächsten Fluss.

4) Was hat dir gefallen?

Traumhaft war unser Badetag. Super! Total idyllisch, einfach schön. (An einem Fluss, an dem früher eine alte Wassermühle stand. Im Fluss kreuchte und fleuchte es vor Fischen und Schlangen und anderem Getier. Zwei Männer angelten mit ihren Kindern und spießten die Fische auf Holzstäbe auf, um das Abendessen später nach Hause zu tragen.)

Auch das Fischlokal war super traumhaft. Der Kuhstall deiner Tante im Dorf war auch ein Highlight und die vielen verschiedenen Tiere waren ein Erlebnis (1. Abend).

Insgesamt haben wir 19 verschiedene Tierarten hautnah gesehen, für mein Kind war das wie ein Urlaub auf einem großen Bauernhof. (Von Ziege, Katze, Hund, Ente, Schwein, Kuh, Eidechse, Schlange, Meerschweinchen…war alles dabei. Meine Tante Mila hat einen ganzen Schuppen voller Meerschweinchen. Mein Cousin hat zwei von einer pijaca mitgebracht und das Pärchen war schon in freudiger Erwartung. Ziemlich bald vermehrten die sich wiederum und nun sitzt eine Horde Meerschweinchen im Raum, in dem das Fleisch geräuchert wird und quiekt vergnügt vor sich hin. „Hoces jednog? Nosi ih sve ako hoces. Sta ce mi?“, sagt meine Tante und hofft, dass ich sie von der Schweinchenplage erlöse.

Das Fischlokal besteht nur aus lose zusammengezimmerten Holzbrettern und liegt an einem Bach. Die Fische werden lebend aus einem Bottich geholt, getötet, saubergemacht und dann landen sie auf dem Grill. Dazu gibt es Krautsalat. Ein anderes Gericht gibt es nicht. Latte Macchiato auch nicht, dafür einen Kinderspielplatz, Hunde mit denen man spielen kann und einen Hamster in einem Hamsterkäfig in einer kleinen Bretterbude. Das Restaurant liegt abgeschieden auf einem Berg in der Nähe des Klosters Liplje. Uriger, natürlicher und gesünder geht´s nicht.



5) Was hat dich fasziniert?

Die Bienen deines Vaters, die Honigwaben und diese gelben Krümel.

Mein Papa ist Hobbyimker, besitzt mehrere Bienenvölker und stellt Honig und die dazugehörigen Nebenprodukte her. Die gelben Krümel, die meine Mama in einer großen Tupperdose aus dem Kühlschrank holte, sind einfach Blütenpollen, die an den Beinen der Bienen kleben bleiben und dann im Bienenstock abfallen und nicht verarbeitet werden. Es sind ganz kleine Kügelchen, von denen man jeden Tag einen Teelöffel essen sollte. Sie sind äußerst gesund. Die Inhaltsstoffe wie Vitamine, Mineralien, Aminosäuren, Proteine, Enzyme und Coenzyme haben einzeln schon eine positive Wirkung auf den Menschen. In Kombination entfalten sie eine noch höhere Heilkraft. Es gab bereits erste klinische Studien, die belegen, dass reine Blütenpollen antibiotische, antiinflammatorische, immunstimulierende und antikanzerogene Eigenschaften haben. Auf gut Deutsch gesagt: sie bekämpfen Bakterien, helfen bei Entzündungen, regen das Immunsystem an und bekämpfen Krebs bzw. beugen diesem vor.




6) Was hat dir nicht so gefallen?

Dass jemand (also Sneki) mir vergessen hat zu sagen, dass 2 Leute Geburtstag haben/hatten in der Zeit und ich daher kein Geschenk hatte!

Es waren eigentlich vier! Duki, Daca, Goran und Vesna

7) Was ist dir besonders aufgefallen?

Dass mein Sohn ein Fototalent hat, das ich fördern will. Und das es auffällig viele Kondome in den Supermärkten gibt.

Was sagt das bei den Deutschen über die Bosnier aus? Was heißt auffällig viele? Warst du letztens mal im DM, gerade heute Morgen habe ich Dinge schön versteckt hinter einem Aufsteller gesehen, von denen ich hoffe, dass mein Sohn beim nächsten Einkauf nicht fragt, was das ist.

8) Wie hast du die Menschen dort empfunden?

Die Menschen sind einfach typische Südländer. Gastfreundlich, offen, liebenswert und auf jeden Fall auch ein Grund, warum ich die Einladung angenommen hab. Man gehört gleich zur Familie, da steh ich drauf.

9) Was hat dich schockiert?

Das Tierheim/ der Hundezwinger.


Dort haben wir auch „Wolle“ gefunden. Ist er nicht das Süßeste, seit es kleine Kuschelmonster gibt?




10) Was war unvergesslich?

Die Mutter an der Gedenkstätte und Wolle.

Im Dorf gibt es eine Art Gedenktafel, die an die Soldaten erinnert, die im Bosnienkrieg gefallen sind und die aus diesem Dorf stammen. Eines Abend sitzen wir In-Cafe (das einzige Cafe, in dem nur ältere Herren sonst sitzen und in dem sich einer lauthals beschwert, dass die österreichische Rente von 1000 Euro nicht reicht, immerhin habe er sich die Gesundheit kaputt gemacht, weil er Straßen um Wien geteert habe (pizda im materina hitlerovska…). Er flucht so derb und extrem laut, dass der Hund aufsteht und sich woanders hinlegt. Auf jeden Fall kam eine ältere Frau ganz in Schwarz an die Tafel, legte ihre Hand auf das eingravierte Gesicht ihres Sohnes und fing zu klagen und zu weinen an. Wir kamen ins Gespräch, weil Caro das Denkmal gerade fotografierte und dann fing zu erzählen an. Sie sagt, sie dachte, sie würde den Tod ihres Sohnes nicht überleben, er war doch erst 21 und der Jüngste (auch ein Drazen). Aber sie sei noch hier, nach 20 Jahren, genauso wie der Schmerz.

Dann putzte sie den Stein mit ihren bloßen Händen, entschuldigte sich bei ihrem Sohn, dass sie kein Taschentuch hat und sagte: „Ajde sine, lepi moj, zbogom, sutra ce mama opet doci.“

(Also, mein Sohn, leb Wohl, morgen kommt Mama wieder.)

„Er hat immer gesagt: Mama, weine nicht, ich komme doch wieder von der Front,“ sagte sie mir, „aber dann kam er nicht wieder.“ Und dann ging sie fort.


11) Würdest du wieder hinfahren?

Ja, ich würde gern mehr von Bosnien sehen.

Keine Kommentare :

Kommentar veröffentlichen