8. September 2013

Mozart und der Riese – you were brothers



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 Der Riese geht durch den Schnee und trägt einen Blumenstrauß, ein schwerer Gang, sein Freund liegt hier begraben und so viele Jahre hatte er die Trauer in sich getragen, darüber dass alles so kommen musste, wie es gekommen war.

„Schön, dich zu sehen, mein Freund.“, sagt er, am Grab abgekommen und hinterlässt ihm ein Bild, auf dem sie sich umarmen.

Quelle: espn.com


Sie waren Freunde gewesen, die der Krieg und dann ein Unfall für immer auseinanderriss, ohne dass sie sich aussprechen oder versöhnen konnten.

Die Rede ist von zwei Basketball-Legenden: Dražen Petrović und Vlade Divac. Mein Freund meinte, ich könne nicht über sie schreiben, weil ich ihnen nie gerecht werden könne. Er meinte, ich könne nicht einfach zwei, drei Zeilen schreiben und das war´s.

Und tatsächlich muss man, auch wenn man kein Sportfanatiker ist, Achtung vor dem haben, was beide erreicht haben. Beide sind bzw. waren Ausnahmetalente im Basketball, beide machten sich in Exjugoslawien einen Namen, beide wurden mit ihren Teams Weltmeister und Europameister, Divac wurde 1988 bei den Olympischen Spielen in Seoul im jugoslawischen Team Vizeweltmeister, Dražen führte die Teams in denen er spielte in einer Tour zu Erfolgen. Beide wechselten aufgrund ihres Könnens in die USA zur NBA. Beide wurden in die Hall of Fame aufgenommen. Vlade in die FIBA Hall of Fame, Dražen in die der NBA. Dražen war anscheinend ein Virtuose auf dem Spielfeld, der das Spiel dominierte und den Ball kontinuierlich im Korb versenkte, was zu einer durchschnittlichen Punktezahl pro Spiel jenseits von Gut und Böse führte und ihm den Spitznamen „Mozart des Parketts“ einbrachte.

Ich habe wirklich kaum Ahnung vom Basketball, aber ich glaube der Name Dražen Petrović war mir ziemlich schnell ein Begriff, da ich auch Petrović heiße. Ganz egal, wer mich auch in welchem Land auch immer nach meinem Namen fragte…wenn ich ihn aussprach, formte sich ein Lächeln auf dem Gesicht des männlichen Gesprächspartners: „Ah, like in Dražen Petrović . Are you relatives?“ Mir wurde freundlich begegnet und alle sprachen voller Bewunderung über diesen Mann, über den ich nicht viel wusste, aber so wie sie sprachen war mir klar, dass er ein Basketballguru gewesen sein musste, eine Art Gottheit, die durch Basketball virtuos Kunst erschafft.

Vor einiger Zeit stieß ich dann auf diese wundervolle amerikanische Dokumentation, die viele Infos liefert und eine Geschichte erzählt, die mich wirklich sehr berührt hat. Sie zeigt, wie der omnipräsente Jugoslawienkrieg nicht nur Menschenleben zerstört hat, sondern auch eine Freundschaft, die dem Druck von „Ich-bin-Kroate-und-du-Serbe“ (oder andersherum, ganz egal) nicht standgehalten hat. Er hat auch den Sport wie ein Virus infiltriert und Sportler in verschiedene Nationalitäten geteilt, die gerade auf der Weltmeisterschaft in Argentinien die USA weggefegt und den Titel „nach Hause“ geholt hatten (hier erhilet die Freundschaft der zwei Spieler durch den Flaggenvorfall den entscheidenden Knacks, siehe Doku. Aber wäre er nicht sowieso aufgetaucht?) 
Sie hatten allen gezeigt: unser Land stellt in diesem Gebiet eine Koryphäe dar, vor der auch die USA einknicken. Vielleicht tut das Ansehen des Films auch deshalb ein wenig weh. Es taucht wieder einmal der Gedanke auf: Wir waren mal wer, wir waren die Nummer 1, on top of the world – was sind wir geworden? Nichts. Eine Rückentwicklung. Waren wir gemeinsam nicht stärker und besser?
Als Kroatien im Jahr 1992 bei den Olympischen Spielen in Barcelona die Silbermedaille holt, fragt sich Vlade zu Recht: „What could have happened if my former team mates and I had played together?“

Vielleicht hätte es irgendwann eine Aussöhnung zwischen Dražen und Vlade gegeben, der in der Doku seine Version erzählt, aber Dražen Petrović starb im Juni 1993 im Alter von nur 28 Jahren ausgerechnet auf einer deutschen Autobahn in einem Wagen, der von seiner damaligen Freundin Klara Szalantzy gelenkt wurde. Sie überlebte und ehelichte später Oliver Bierhoff.

Vlade spricht sehr respektvoll über seinen ehemaligen Freund, verliert kein schlechtes Wort über ihn und zeigt eine Größe, die ihn glaubwürdig macht.
Leider wurde die Doku nicht überall positiv aufgenommen und vor allem in Kroatien teilweise als Propaganda bezeichnet. Sie waren keine Freunde, heißt es zum Beispiel. Dražens Mutter und Bruder bestätigen allerdings, dass es zwischen Vlade und Dražen eine sehr enge Freundschaft gegeben hatte.

„I am a Serb, but I regard myself as from Yugoslavia.“, sagt Vlade.
„I am from Croatia.“, sagt Dražen bestimmt.
Is this so important? You were brothers...


Anm.:
Dražen: abgeleitet von drag, draga, drago = lieb, teuer
Divac (2,16 m): enthält „div“ = der Riese; diviti se=staunen, etw. bewundern


Die gesamte Doku Once brothers, engl. mit Untertiteloption:



Divac über die Freundschaft zu Dražen:
 

The flag incident:



Nachrichten zum Tod von Dražen Petrović:



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