30. September 2012

Jetzt kannst du in der Gegend rumhuren

Da wir schon beim Thema Sprache sind, komme ich wirklich nicht umhin, auch einen Post über lustige Fehler im Deutschen zu schreiben.
Viele ältere Jugos, die erst im jungen Erwachsenenalter nach Deutschland gekommen sind, oder nach Österreich oder in die Schweiz ausgewandert sind, haben es nie geschafft, alle Fehler auszumerzen. Einerseits schade, aber andererseits auch lustig, denn viele machen dieselben Fehler und oft sind sie einfach zum Schreien. Und nicht übelnehmen liebe Eltern, wir ♥ euch!

Fangen wir doch beim Wort „nichts“ an. Das wird generell nur „nix“ ausgesprochen.

Nix lustig! 

Ich nix wissen! Ich nix gewesen Biro (Ich war nicht im Büro).

Mein Papa sagt heute noch Cabro statt Cabrio, und da kann man ihm hundert Mal sagen, dass das ein Cabrio ist.

Der ADAC wird zu ADRIAC, denn Adria ist immerhin ein bekanntes Wort oder nicht?


Die Mehrwertsteuer ist eine Mebelštojer.

Idem na  Haubanof (Ich gehe zum Hauptbahnhof)

Suzavac Rente = Zusatzrente 

Dumdum = Duldung

Dena = Döner (eine Mutter sagte immer, wenn sie keine Lust zum Kochen hatte: evo ti 5 evra za dena--> Hier haste 5 Eur für nen Dena).

Edbekuhe = Erdbeerkuchen

Offenthal = Aufenthalt

Ich habe Alpenträume = Ich habe Alpträume

Ich möchte VolkSkornsemmel = Ne Vollkornsemmel

Saugstauber sind auch nach 40 Jahren in Deutschland immer noch eben Saugstauber statt Staubsauger.

Alles fürs Haus kauft man bei WayBa statt BayWa.

Ja bi trebala doneti onaj Kontoaufzug = Ich müsste mal den Kontoauszug holen.

Hasofgabe = Hausaufgaben

Zu Wolfgang Petry wird so mitgesungen: hulle, hulle, hulle, du spielst mit meine Gefulle.

Ein Erlebnis von Branka M.:
Ein Erlebnis von früher...mein Vater nahm mich mit zu einem Treffen mit „Geschäftspartnern“. Er hatte eine Baufirma (wie so viele Jugos!) und erzählt denen die ganze Zeit und klopft mir auf die Schulter und sagt „er“. Drauf sage ich zu ihm, ich bin keine „er“ sondern eine „sie“. Darauf er trocken: Ma pizda ti materina jos da te persiram (Verfickt nochmal: soll ich dich jetzt auch noch siezen?)

Ein Klassiker, die Ähnlichkeit von „kurva“ und „Kurve“ (kurve= die Nutten).
Ich habe mal einer Bekannten gesagt: „E super da sada imas vozačku, sad možeš in der Gegen rumkurvati.“ (Toll, dass du jetzt nen Führerschein hast, jetzt kannst du in der Gegend rumhuren, eigentlich wollte ich sagen, dass sie rumkurven kann).

Auch ein Hurenproblem:
Eine Mutter hat bei einer kleinen Firma als Schuhstepperin gearbeitet und war noch recht neu in Deutschland.
Die Cheffin hat ihr und einer Kollegin dann erzählt, dass der Chef nicht kommt mit dem Material und heute Feierabend sei, weil er einen Unfall in einer Kurve hatte. Die Mutter sagte zu der Kollegin: Lepo... mi necemo dobiti platu za ovaj dan, zato sto Chef jebe pi**u. Ali žasto nam ona to kazuje necu razumiti. (Sehr schön, wir bekommen für heute keinen Lohn, weil der Chef *icken war, aber warum sie uns das erzählt, das werde ich nie verstehen.)  

Auch von meinem Papa: 
„Meine Haare IST schmutzig!“
Ich: To se kaze: „Meine HaarE SIND schmutzig.“

Anderer Tag: Papa:„Mein HaaR SIND schmutzig.“
Ich: To se kaze:„Mein Haar IST Schmutzig.“
Papa: „Ma pi*** ti materina, koga ti odvje zajebavaš???" *lol*(Verdammte Scheiße, verarscht du mich etwa?)

Ein Bekannter von mir sollte Besuch (der schlecht Deutsch kann) aus Kroatien bekommen.
Er sagt zu seinem Besuch: „Kad stigneš u München, samo nedgje stani i nazovi me, i reci gdje se nalaziš, pa cu doci po tebe, da ne lutaš po gradu." (Wenn du angekommen bist, bleib irgendwo stehen, ich komme dich holen, damit du nicht umherirrst)
Irgendwann klingelt also das Telefon.
Der Besuch: „Ej evo ja sam stigao.“ (Ich bin angekommen)
Bekannter: „A gdje si? Jeli piše negdje neka ulica, nadji neki znak gdje na kraju piše ...Straße?" (Wo bist du denn, gibts da ein Schild auf dem irgendwas mit Straße steht?)
Besuch: „Da da evo cekaj..evo piše..Einbahnstraße.“ (Ja, hier steht Einbahnstraße)

Wie gehen Jugos mit nervigen Nachbarn um?
Nervige Nachbarin: „Hallo, mir ist das Salz ausgegangen. Könnten Sie mir etwas Salz ausleihen?“
Jugomutter:„Gehstdu Lidl, kaufstu selbst.“

Ein Jugo ganz mitfühlend:„Das ist eine harte Schajze.“

Gehstu rex = Geh rechts rein/Bieg rechts ab.

Da kommo nix machen, so Leben ist = Da kann man nichts machen, so ist das Leben.

Eine Mutter möchte wissen, was „vrata“ auf Deutsch heißt.
Antwort: Tür (vrata=Tür).
Daraufhin geht sie zum Metzger und bestellt: Ein Kilogramm Tür bitte!
Dabei hatte sie „vrat“ gemeint = Hals, Schweinenacken, was auch immer.
Denn wenn man sagt: Ich möchte Nacken, dann konjugiert man das Verb in den Akkusativ, was „vrata“ ergibt.

Ein Jugovater kauft in einem Geschäft einen Tennisschläger, der ziemlich schnell kaputt geht. Er geht also zurück in den Laden und sagt:„Sie haben mir Scheiß-Rakete verkauft.“ Er meinte einen Tennisschläger, der bei uns „reket“ heißt.

Eine andere Jugomutter sagt immer Futze für Pfütze. Ich hoffe, dass sie nie in eien FUTZE tritt....

Auch schön: Heutes ist aber schwules Wetter. Wieso müssen die Deutschen auch dieses blöde „ü“ haben, das können die Türken aussprechen, aber doch nicht die Jugos. Wenn beim türkischen Glücksrad ein „ü“ gekauft wird, blinkt alles lichterloh, aber bei uns doch nicht......

Frau BH antwortet auf den Satz:„Ein schönes Wochenende wünsche ich.“
„Ja, danke, gleich falsch!“

Ich muss Wand streicheln soll heißen, dass sie noch gestrichen werden muss.


Meinst du wirklich?--> Meinsstu wirgli?

Haben kurge pissl pillige--> Haben Sie billigere Gurken?

Eine Mutter kauft immer 4 oder 6 Brötchen, weil sie das ü bei fünf nicht sagen kann.

Das ist ja der Klassiker: Satt München und Köln heißt es immer Minken und Keln.

Eine nette Erklärung an den ADAC-Pannendienst: Auto anhalten und dann KRK kaputt!

Als ich klein war, musste ich beim Bäcker immer Brot kaufen. Meine Mutter trug mir auf: Ein Mischbrot eles. Ich wusste zwar nicht was ein „eles“ ist, aber egal ne.

Irgendwann kam ich drauf, dass sie ein helles Mischbrot meinte und ich schämte mich für mein Deutsch in Grund und Boden, haha.


Wenn ich meinen Papa auf seine Fehler aufmerksam mache, sagt er nur:„
„Nauči ti prvo srpskohrvatski kao ja njemački.“ (Lern du erst mal so gut Serbokroatisch, wie ich Deutsch) So Unrecht hat er gar nicht, denn ich habe früher immer gesagt:„Ja sam se upropastila.“ (Ich habe mich ruiniert, ich bin total abgewrackt) statt „Ja sam se zaprepastila.“ (Ich bin/war entsetzt). Irgendwann gab es Gelächter und ich habe wieder was dazugelernt.

Wenn euch noch mehr einfällt...

Sneki






Jugeutsch? Deuslawisch? Küchendeutsch!




Das Thema Sprache hat mich schon immer fasziniert.
Als Abschlussarbeit im Gymnasium wählte ich das Thema „Spanglish – A language spoken by Spanish speaking immigrants in the U. S.“
In Kalifornien und vielen anderen Bundesstaaten der USA entwickelte sich eine Art Subsprache, die von Millionen Menschen tatsächlich gesprochen wird.
Das kann dann so aussehen, dass ein Satz in englischer Sprache begonnen wird und in Spanisch beendet oder es werden spanische Begriffe eingestreut oder andersherum. Im Extremfall wird nach zwei, drei Worten wieder die Sprache gewechselt.
Das hört sich dann eventuell so an:„Si, I know, siempre tengo problemas parqueando mi car.“ (Si, ich weiß, siempre tengo problemas mein Auto zu parken – eigtl.: Ja, ich weiß, ich habe immer Probleme, einen Parkplatz zu finden).

Oft wird einfach ein englisches Wort verwendet, dass dann aber laut der spanischen Grammatik konjugiert wird. To park wird dann zu parquear (eigtl: aparcar el coche), to type wird zu taipear (eigtl.: escribit a máquina) und lunch zu lonche (eigtl.: almuerzo).

Sprachwissenschaftlich gesehen wird dieses Phänomen Code-Switching gennant und es tritt nicht selten auf. So ist es auch beim Serbokroatischen und Deutsch. Wir Jugoschwabos sind nicht nur anders als unsere Eltern, wir sprechen auch anders.
Unser Deutsch ist nahezu perfekt, aber dennoch verweben sich unsere zwei Muttersprachen miteinander.
Ich schalte einfach um, wenn mir das Wort im Serbokroatischen nicht einfällt und andere, die Defizite im Deutschen haben, machen es andersherum. Sogar unsere Eltern bedienen sich oft im Deutschen. Sie sagen dann:„Moram ići u Arbajzamt.“ (Ich muss zum Arbeitsamt) oder :„Idem sutra za Bosnu, imam Urlaub (oder wie meine Mama sagt Urlap) (Ich fahre morgen nach Bosnien, ich habe Urlaub).
Extrem wird es, wenn einfach alles kreuz und quer durcheinandergeworfen wird, da muss mann dann wirklich beide Sprachen beherrschen:„Schatzi, donesi mi molim te Handy, eno ga tamo u Wohnzimmer, es ist auf dem Tisch, a akku je jos am Laden.“
(Schatzi, bring mir mal mein Handy bitte, es ist im Wohnzimmer, der Akku ist noch am Laden.)

Die Türken sprechen so, die Italiener auch und viele sind irgendwann sogar etwas frustriert, Sie wollen beide Sprachen beherrschen, aber switchen automatisch um, ohne dass sie es merken (ich auch).

Dabei muss das nichts Schlimmes sein, es passiert auf der ganzen Welt und ist ein vollkommen natürlicher Prozess, der immer dann stattfindet, wenn Menschen bilingual aufwachsen. Vielleicht entsteht irgendwann eine neue Mischsprache, so nennt man Sprachen, die aus zwei verschiedenen entstanden sind. So z. B. geschehen bei Ponglisch, das eine Mischung aus Polnisch und Englisch ist. Es wird in den USA, Kanada und Großbritannien gesprochen.

In Flensburg sprechen viele Bewohner Petuh, das aus Hochdeutsch, Niederdeutsch und Dänisch zusammengesetzt ist. Die dänische Grammatik wird mit deutschem Wortschatz vermischt.

Diese Art Sprachkontakt hat schon immer auf der ganzen Welt stattgefunden.
Als ich das letzte Mal in Dalmatien war, hat mich die Marktfrau auch seltsam beäugt, als ich paradajz kaufen wollte, denn sie nur als pomodori kennt, das zweifelsfrei natürlich aus dem Italienischen stammt.

Beim Torlakisch sind die Experten sich noch nicht ganz einig beispielsweise, ob es ein Dialekt ist oder schon eine eigenständige Sprache. Es ist eine Mischform aus Serbisch, Bulgarisch und Mazedonisch, das in Südostserbien gesprochen wird.

Sprachen haben nun einmal miteinander Kontakt, sei es aufgrund der geographischen Nähe verschiedener Länder oder aufgrund der Migration. Die Kontaktlinguistik untersucht, warum, wie und weshalb Sprachen in soziale Berührung kommen.

Natürlich ist es nicht schön, wenn einem das Wort in der anderen Sprache nicht einfällt, ich habe mich immer geärgert, dass nun mal die Kenntnisse in Deutsch besser sind, aber vielleicht entsteht etwas Neues. Deuslawisch? Jugeutsch?

Für das Deutsch unserer Eltern habe ich schon einen Begriff gefunden: Küchendeutsch.
Küchendeutsch (Black Namibian German) gibt es tatsächlich, es wurde früher in Namibia von den meist schwarzen Dienern gesprochen und war daher stark vereinfacht, eine Pigdin-Sprache.

Beispiele:
Was Banane kosten?
Spät Uhr--> es ist spät.

Unsere Eltern sprechen also NICHT falsch, sie sprechen Küchendeutsch:-)

In Papua-Neuguinea gibt es auch eine kleine deutsche Sprachinsel. Hunderte sprechen das sogenannte Unserdeutsch (Rabaul Creole German). Die Sprache ist mittlerweile leider vom Aussterben bedroht. In Texas gibt es immer noch das Texasdeutsch, das eine Mischung zwischen Deutsch und Englisch ist und vornehmlich von den deutschen Einwanderern ganz selbstverständlich verwendet wird.

Wenn wir uns den Language Difficulty Index ansehen, dann wird Deutsch in Kategorie 2 eingestuft, während Serbokroatisch in Kategorie 4 gelandet ist. Das heißt eigentlich müssten Menschen aus Ex-Jugoslawien leichter Deutsch lernen als umgekehrt, aber diese langen Worte? Das Deutsche ist generell um mindestens ein Drittel länger als das entsprechende serbokroatische Wort und dann tun die Umlaute ihr Übriges. Wieso gibt es ein Massenkommunikationsdienstleistungsunternehmen und eine Rechtsschutzversicherungsgesellschaft oder eine Betäubungsmittelverschreibungsordnung?

Andererseits werde ich von Deutschen immer wieder gefragt, ob wir Jugos denn keine Vokale hätten. Sie verknoten sich die Zunge bei der kroatischen Insel Krk und bei etlichen jugoslawischen Namen. Ja bei den Vokalen sind wir sparsam, ich habe mal das längste Ex-Yu-Wort mit den meisten Konsonanten hintereinander gesucht. Gefunden habe ich opskrba, das immerhin fünf (oder finf) Konsonanten hintereinander enthält. Kennt jemand eines mit noch mehr?

 In diesem Sinne: Einen schönen Sonntag, ja se odo ausruheniti :-)

Sneki

27. September 2012

Pfefferbiber

Wie oft dachte ich, es müsste doch eine Zeitschrift für Jugoschwabos geben. (Übringes auch für die echten Schwabos interessant!)

Keine für unsere Eltern in ihrer Muttersprache, nein für uns 2. oder 3. Generation, die hier geboren und aufgewachsen ist.
Eine, in der auf uns eingegangen wird, denn wir sind anders als unsere Eltern aber auch dennoch nicht ganz Deutsche oder Österreicher.
Bei vielen ist es nun einmal mittlerweile so, dass sie besser Deutsch sprechen als Serbisch/Kroatisch/Slowenisch usw. usw.
Ich recherchierte im Internet und fand zum Glück etwas Pfeffer mit scharf.
In Österreich haben sich junge Menschen zusammengetan, wie genau das war, weiß ich nicht (vielleicht gibt biber mir ja ein Interview???) und ein Magazin gegründet.
Diese Idee hatte ich schon lange, aber falls sich dieser Traum jemals erfüllt, sähe meines anders aus.
(Mit-Sponsoren vor :-), Name und Ideen stehen )

Dennoch ist dasbiber (auch hier: wie kamt ihr auf den Namen? Und wieso „dasbiber“ und nicht „derbiber“?) interessant zu lesen.
„Biber“ heißt im Serbokroatischen „Pfeffer“, während hier natürlich der Biber gemeint ist.
Biber ist somit ein sagen wir länderübergreifendes Homonym (auch Polysem; Wort mit doppelter Bedeutung).
Die Themen sind abwechslungsreich und informativ, habe selbst schon das eine oder andere dazugelernt. Danke biber.

Die Zielgruppe sind nicht nur Menschen mit Herkunft aus Ex-Yu, sondern vom ganzen Balkan, aber leider wohl etwas jünger als ich.
Was mir gut gefällt ist, dass ich bis jetzt keine abwertenden Kommentare, keine Streitigkeiten, keine gegenseitigen Beleidigungen gelesen habe. Vielleicht gab es die, ich bin nicht jeden Tag auf der biber-Website, aber in dem Maße, in dem dieses traurige Phänomen auf anderen Websites auftritt, habe ich das nicht gelesen. Sei es bei Youtube oder in Internetforen, ziemlich schnell gerät das Balkanblut in Wallung und dann geht es zu wie unter „Pizda ti materina, das erfahre ich erst jetzt“.
 
Es macht Spaß zu sehen, dass es auch anders geht und wie viel Talent und Herzblut viele in ihre Texte stecken.
Biber bietet eine Akademie an, in der junge Menschen (bis 28, ich bin leider zu alt) ausgebildet werden.
Biber könnt ihr als Printausgabe beziehen, die übrigens kostenlos ist, oder ihr besucht das Magazin im Internet oder auf Facebook.



Viel Spaß!

Sneki

25. September 2012

Dieses Mal kein Vorspiel Baby

Ist es nicht immer besser, Gemeinsamkeiten zu suchen, als Unterschiede?

Sind Jugos und Deutsche/Österreicher/Schweizer so grundverschieden?
Oft ja, aber manchmal auch nicht. Manchmal verbindet sie mehr, als sie trennt.

Heute möchte ich euch eine Band vorstellen, die ich persönlich richtig gut finde.

Sie heißt Kajn Forspiel bzw. Kein Vorspiel.

Was ist das Besondere an der Gruppe?

Sie besteht aus Bayern und aus einem Türken (oder einer Türkin?, wenn jemand weiß, ob Bahadir männlich oder weiblich ist?), die irgendwann beschlossen haben nach Guča zu fahren und den Serben mal zu zeigen, dass der Bayer des genauso gut ko :-) Die Band spielt keine bayrische Blasmusik, sondern versucht sich an den Balkan-Klassikern.

Was soll man sagen, die Bayern kamen an und die Leute tanzten auf den Tischen.

In München gab es auch einmal ein Bayrisch-Serbisches Musikfestival.
Deutsche und serbische Bläser lieferten sich ein Battle und zum Schluss stand es unentschieden und Bier haben sowieso alle getrunken.

Also im Sinne der Wiesn, des Oktoberfestes,..Musik an und schunkeln :-)

Gas Gas Gas

Guča
 

Was? Kajn Forspil E jebiga, dieses Mal machts nix!

Go BAYERN Go!

Dokumentation: Meine Freunde spielen jetzt Serbenmusik
Auf der Seite könnt ihr eine DVD der Dokumentation bestellen und ein Interview mit dem Regisseur Martin Ostermeier lesen.

Sneki

P. S. Einen Beitrag zu Guča wird und MUSS es geben.
Das Oktoberfest des Balkans 
 

23. September 2012

Von Müsli, Pasta, Himbeeren und Schweinen

Irgendwann vor zwei, drei Jahren hörte ich auf, Fleisch zu essen.
Warum? Ich hatte zuviel gelesen.
Es gibt ein jugoslawisches Lied: Kako je lepo biti glup. (Wie schön ist es doch, dumm zu sein).
Hätte ich nicht Jonathan Safran Foers „Tiere essen“ gelesen, hätte ich nicht mich nicht mit gesunder Ernährung beschäftigt, wäre ich in diesem Punkt doof geblieben und alles wäre ok.
So wurde ich nur noch mehr zum Jugoschwabo. Ich hörte von Jugos immer wieder dieselbe Frage: A šta jedeš? (Was isst du denn dann?)
Für Jugos ist Fleischverzicht ungefähr so, als würde man einem Bayern sagen, er soll kein Bier trinken, der Italiener soll keine Pasta von Mama mehr essen und der Amerikaner keinen Burger.
Wir Jugoschwabos aus Deutschland (zumindest ich) sorgen in Ex-Yu immer wieder für Gelächter.
Einmal war ich bei meinem Onkel in Bosnien zu Besuch. Er fuhr in die nächstgelegene Stadt mit Supermarkt.
„Kann ich mit?“ fragte ich.
Šta ti treba?“ (Was brauchst du) fragte er.
„Na, du weißt schon, was zum Frühstücken.“  
„Ima ovdje svega, paradajz, kruha, sira, salame...“ (Hier gibts doch alles, Tomaten, Brot, Käse, Salami...) betont er.
„Ja tetak ich weiß....ich hätte gerne (und jetzt alle vor, die wissen, was Müsli auf Serbokroatisch heißt) žitarice i tako to.“ Ich weiß nicht was žitarice sind, aber ich dachte, naja žito ist irgendwas mit Getreide, er wirds verstehen.
Er hatte mich schon verstanden, aber meinte nur spöttisch: „Idi gore na tavan, tamo imaš zobi, to jede moj konj.“
(Geh mal rauf auf den Speicher, da gibt´s nen Haufen Hafer, den frisst mein Pferd).
Er lachte und verhöhnte mich (liebevoll), aber er nahm mich mit und der Morgen war gerettet.
Zudem hatte ich eine Packung Pasta ergattert und machte mittags Nudeln mit Tomatensauce.
Mein besagter Onkel kam nach Hause und sah uns „Kinder“ essen.
Nach einem kurzen Versuch, ihn zum Pastaessen zu bewegen, von der sich immerhin Millionen Menschen täglich ernähren, teilt er mir nur mit, dass das kein Essen sei...es fehlte das Fleisch, denn jebeš jelo koje kurac nije napravio (Scheiß auf Nahrungsmittel, die nicht biologisch gezeugt wurden..und das ist noch die jugendfreie Version :-) ).

Lange Rede kurzer Sinn..meine Cousine musste im Gefrierschrank nach dem letzten Hähnchen wühlen und es in den Ofen werfen. (Besagte Cousine wurde von ihrem „schlanken“ Papa in der Schwangerschaft aufgezogen, sie sähe aus wie ein bure na nogicama (Ein Fass auf Füßchen). Ich ♥ meinen Onkel :-) )

Das ist Jugoland. Das ist der Balkan.
Fleisch ist das Grundnahrungsmittel.
Beim Pro-Kopf-Schweinefleischverbrauch weltweit liegt Serbien auf dem zweiten Platz hinter Österreich, mich wunderts eher, dass sie nicht auf dem ersten Platz gelandet sind.

Das peČenje (aufgeschnittenes Spanferkel) darf in keinem Jugohaushalt fehlen, wenn man Gäste erwartet, denn was sollen die Leute denken, wenn man das nicht serviert. Sie könnten womöglich denken, wir seien arm...wir könnten uns kein Schwein leisten oder schlimmer: wir halten ihnen das Schwein vor!
 
 Ich weiß noch irgendwann tauchte irgendeine Schweinekrankheit in Bosnien auf, aber anstatt einfach auf das Schweinefleisch zu verzichten, brachte man es zur Untersuchung. Stellte der Experte fest, dass das Fleisch ok war, konnte man es essen.
Die Bosnier fuhren also ihre toten Schweine durch die Gegend. Ich möchte betonen, dass es mich immer sehr viel Mühe kostet, meinen Vater zu überreden, mich zum nächsten Friseur zu fahren!
Ihr wisst ja, wie es auf dem Dorf ist in Bosnien..kommt der Bus, kommt er nicht....stell dich einfach an die Straße und winke...vielleicht bleibt der Bus stehen...wenn er denn kommt.

So weit geht die Liebe zum Schwein.

Als ich noch daheim lebte, sagte ich einmal: „Naja wenn ich heirate, dann gibts auf meiner Hochzeit bestimmt keine supa, kupus salata, sarma, peČenje (Nudelsuppe, nen Krautsalat und Schweinebraten, hört sich bayrisch an, gell?). Ich hatte bis zu diesem Zeitpunkt schon mehr Fleisch gegessen, als meine deutschen Freundinnen bis heute, 20 Jahre später.
Vielleicht sagte mein Körper deswegen: Stopp, kein Fleisch mehr. Ich war auf zig Hochzeiten und auf jeder, ich meine buchstäblich auf jeder Hochzeit, auf jeder JUGO-Hochzeit, gibt es dasselbe Festmahl: supa, kupus salata, sarma, peČenje.

Entsetztes Schweigen und dann: A šta ce ljudi jesti? (Was sollen die Gäste dann essen?) Die werden bestimmt Hunger haben und an so einem Fisch ist doch nichts dran und dann müssen sich meine Eltern schämen und bleiben lieber ganz der Feier fern. Aber ich könnte ja pljeskavica, Ćevapčići und Co. servieren.
Es gibt ja noch die Karađorđeva šnicla, die wegen ihrer Form scherzhaft auch Mädchentraum (djevojački san) genannt wird. Ja so eine jugoslawische längliche Fleischrolle ist der Traum jeder Frau, wir dürfen uns glücklich schätzen. :-) 

Liebe Deutsche: Seid ihr auf die Hochzeit eines Jugos eingeladen, selbst wenn er ein Jugoschwabe ist, und ihr mögt kein Fleisch...ihr werdet hungrig sein, sofern ihr nicht vorher eure Sushi-Bento-Box eingepackt habt. 

Ja so sind sie die Jugos. Sie erinnern mich an die Griechin aus dem Film „My big fat Greek wedding“, als es heißt, der Verlobte isst kein Fleisch. Tante Voula: What do you mean, you don't eat no meat? [The entire room stops, in shock. We hear plates break and there are gasps.] ...That's okay, that's okay. I make lamb. (Was meinst du damit, er isst kein Fleisch? Der ganze Raum ist auf einmal still, alle ringen nach Luft....Na ist schon ok, ich mache Lamm).

So ist es auch bei meiner Mama. „Was du willst gar kein Fleisch, na komm nimm das Putenfleisch, da ist gar kein Fett dran!“

In einem Buch habe ich gesehen, dass Jugoslawien jedoch eine recht niedrige Krebsrate hatte, zumindest bei Krebsarten, die zum großen Teil ernährungsbedingt sind.
Im Grunde wiederspricht das dem hohen Fleischkonsum, denn die gesättigten Fette im Schweinefleisch sind direkt krebsauslösend. Nicht zu vergessen, dass die Eiweiße des Schweins dem des Mensch sehr ähnlich sind. Der Effekt ist ganz einfach: Iss viel Schwein, irgendwann wirst du schwammig und weich und siehst selber aus wie eins.

Aber wieso hatten die Jugos, damals zumindest eine so niedriges Risiko, an bestimmten Krebsarten zu erkranken, wo sie doch der natürliche Feind des Schweins sind (natürlich die ausgenommen, die aus religiösen Gründen kein Schwein essen)?

Das Geheimnis liegt wohl unter anderem tatsächlich im kupus und somit wäre das Rätsel gelöst, warum kupus und peČenje immer zusammen serviert werden. Kupus (also Weißkohl) gehört zu der Familie der Kreuzblütengewächse, genau so wie Rosenkohl, Brokkoli oder Blumenkohl. Die in ihm enthaltenen Senfölglykoside bekämpfen Krebszellen und können ein Tumorwachstum aufhalten. Chemotherapien wirken sogar besser, wenn man viel Kohl isst. Ähnlich verhält es sich mit den Beeren, sie wirken stark krebshemmend. Wusstet ihr, dass Serbien z. B. weltweit der größte Exporteur von Himbeeren ist? Es gibt den Tag der Himbeeren, mit der EU wird der Himbeer-Kilopreis verhandelt und seit 1870 die erste Himbeere in Serbien gepflanzt wurde, hörte man mit dem Anbau nicht mehr auf. Heute erxportiert das Land über 60.000 Tonnen Beeren im Wert von über 200 Millionen US $. Ich schätze, sie essen auch viele.

Jetzt essen Jugos aber nicht nur Krautsalat und Himbeeren gerne, sondern auch Sarma. Für diejenigen, die keine Sarma kennen:
Quelle

In den Weißkohlwickerln ist eine Mischung aus Reis und natürlich Fleisch.
Sarma ist so beliebt, dass sie eigentlich statt des Sterns früher auf die jugoslawische Flagge gemusst hätte. Wir hatten ein Fass in der Wohnung stehen, in dem ganze Weißkohlköpfe eingelegt waren, das Fass war blau und bestimmt 120 cm hoch. Was haben wir Jugoschwabo-Kinder uns geschämt, wenn das Fass geöffnet wurde und die Wohnung dann drei Tage lang nach Sauerkraut gestunken hat.
„Was, du willst zu mir kommen? Nee..du mir macht es nichts aus, S-Bahn zu fahren und dann 30 Minuten zu dir zu laufen. Nein, ach i woo...ich komm zu dir....“

Einmal musste ich doch rausrücken mit der Sprache. Ich erklärte meiner deutschen Freundin Birte, dass da Weißkohl drin ist.
„Ihr seid doch nur zu 4. Für wie viele Leute und Jahre reicht das? Esst ihr auch mal was anderes?“

Letztens habe ich meinem Freund eröffnet, der Sarma liebt: „Du pass auf, wie wäre es, wenn ich eine vegetarische Sarma mache? Oder eine mit Sojahack? Ist ja gesünder, ne.“ 
Begeisterung ist etwas anderes.
„Servier das doch deinem Vater,“ meinte er „der müsste doch mal abspecken. Wenn er so weiter isst, hat er bald seine eigene Umlaufbahn.“

Ich habe beschlossen, bald einmal Soja-Sarma zu machen und sie Hardcore-Jugo-Fleischessern zu servieren.
Wenn ich dann noch lebe, berichte ich.
 Und wer jemals etwas anderes auf einer Jugo-Hochzeit gegessen hat als supa, kupus salata, sarma, peČenje, der möge bitte kommentieren! Aber im Grunde unmöglich! :-)

Gute Nacht


Sneki
 
Man möges es kaum glauben: Sarma bez mesa
  
Ein tolles, schockierendes Buch: Iss mich nicht  

21. September 2012

Pizda ti materina, das erfahre ich erst jetzt?

Was soll man zu dem Thema Flüche und Schimpfwörter noch sagen?

Danko Rabrenovic, der zusammen mit Sebastian Brück das Buch „Der Balkanizer“ geschrieben hat, ist mir zuvor gekommen und bringt es auf den Punkt.


Sneki im (kulinarischen) Kinder-Wunderland

Wenn ich an Jugoslawien denke, dann denke ich in erster Linie an meine Kindheit.
An die Zeit, als noch alles „ok“ war und bevor das Wort Jugoslawien nur negative Konnotationen hervorrief.
Irgendwann nach Ausbruch des Krieges setzte bei mir eine Reaktion ein, von der mir auch andere Jugoschwabos berichtet haben: ich wollte mit dem Krieg, mit dem Hass und der Gewalt nichts zu tun haben. Ich war zu jung und verstand nichts von Religion, nichts von Territorien oder Politik und wusste nicht einmal, zu welcher Religion wir überhaupt gehörten, das hatte bei uns nie groß eine Rolle gespielt.
Also tat ich das Einzige, das ich damals konnte. Ich beschloss, Deutsche zu sein, denn die da unten hatten alles kaputt gemacht.
Deutschland hatte mir ein Heim gegeben, eine Ausbildung und Sicherheit, was hatte mir Jugoslawien je geboten, außer dass ich auch unten nie richtig dazugehörte. Man war immer oni iz Njemačke (Die aus Deutschland).

Ich hatte deutsche Freundinnen, fuhr wegen des Krieges mit meinen Eltern auch nicht mehr „runter“ und vermisste mein Jugoslawien/Bosnien dennoch. Irgendwo las ich letztens: „Der Zerfall Jugoslawiens ist für Handke der Zerfall dieses Raums phantasierter Kindheit und Literatur, und Serbien, als das international verfemte Bruchstück dieses alten Jugoslawiens, bewahrt für Handke eine alte Sehnsucht.“

Das war es. Ich hatte Sehnsucht.

Auch Bosnien war für Kinder ein Zauberland. Für mich zumindest.
Sobald man den Grenzübergang, das Loch zum Hasenbau, passiert hatte, befand man sich im Wunderland.
Die Häuser waren nicht mehr weiß, sondern konnten alle möglichen Farben aufweisen.
In Deutschland darfst du doch dein Gartenhäuschen nicht einmal hinstellen, wo du möchtest. Nein, es muss einen bestimmten Abstand zum Haus haben und pipapo.
Im Wunderland stehen blaue Schlumpfhäuser, rosa Barbiehäuser und Tankstellen mit farbigen, seltsamen Dachkonstruktionen. Riesige Steinlöwen bewachen die Häuseingänge von Jugos, die durch dubiose Geschäfte an Geld gekommen sind. Ich kenne mich nicht aus, aber es scheint so, als ob jeder in Ex-Jugoslawien sein Haus bepinseln kann, wie er will. Hier ein rosa Prachtstück aus Laktaši (Quelle: banjalukaforum)

Von den Deutschen höre ich immer wieder: Aber das verschandelt doch die Umgebung und das Stadtbild wird gestört. Naja, Ansichtssache :-)

Jedenfalls merkt man schnell, dass man Deutschland verlassen hat und sich nun im
Wunderland befindet, denn es gab früher viele Abenteuer zu bewältigen und wir mussten uns mit Süßem vollstopfen, das es in Deutschland nicht gab. Wäre Alice in Bosnien gewesen, hätte sie an einem Baum Smoki hängen sehen, am anderen Kiki- oder Bronhi-Bonbone. Schokolade von Kraš, die mit Milka nicht mithalten konnte (weswegen alle Jugokinder geil auf Milka waren) war nicht so beliebt wie Napolitanke (Haselnusswaffeln). Dazu gab es jede Menge Cockta, die Hundsrose enthält und laut Hersteller keine Phosphorsäure wie Cola, aber dafür wahrscheinlich 3 kg Zucker.
Cedevita haben wir auch oft getrunken. Jetzt mehren sich die Berichte, wie schädlich das Getränk ist. Aber was haben wir als Kinder wirklich geliebt? So wirklich heiß und innig? Bei mir waren es

Čokolino und Medolino. Das ist eigentlich ein Breipulver für Kleinkinder, aber wir haben den Brei immer gegessen, erst letztens habe ich mir hier in München eine Packung gekauft und genossen. Mein Freund fand es scheußlich, aber für mich ist das der Geschmack der Kindheit.
Bildquelle

Die Liste an Süßigkeiten, mit denen wir uns vollstopften ist endlos. Langnese-Eis hieß Algida und Pralinen hatte man auch immer daheim, denn jedes Mal, wenn man jemanden besuchte oder besucht wurde, wurde feierlich eine Schachtel Bajadera-Pralinen überreicht oder andere, auf denen vorne meistens eine hübsche Frau abgebildet war, nur leider schmeckten diese Pralinen nie.

Wir aßen štrudle, bananice (Schokobananen), pionir Negro-Bonbons, tulumbe, die vor Zucker nur so trieften und baklava, das noch mehr triefte. Beliebt war auch Sahnepulver, das man mit Wasser oder Milch aufschlug, die šlag pjena. Sie schmeckte süßlich und nicht so neutral wie deutsche Schlagsahne. Wen wundert´s, dass viele Kindern in Ex-Yu Zähne hatten, die wie verkohlte Stifte aussehen. Irgendwann stellte ich jemandem die Frage, ob das Kind denn nicht seine Zähne putzt. Die Antwort war: „Za šta, svejedno će ti zubi poispadati, narasti će novi“ (Wozu denn, diese Zähne fallen aus und es wachsen neue).

Unser Favorit war aber ganz klar Eurokrem. Diese helle und dunkle Schokocreme war unser Standardfrühstück. Wie oft habe ich sie auf Weißbrot gegessen oder hrenovke (Würstchen) mit Weißbrot oder pašteta natürlich mit Weißbrot. Gott sei Dank wusste ich damals nichts über leere Kohlenhydrate und die Wirkung gesättigter Fette auf die Denkleistung. Hätte ich nur gesunde Sachen gegessen, meine Güte, ich hätte mein Potenzial nutzen können und hätte meinen Doktortitel erreicht. Ich darf meinem 10-jährigen Sohn nicht einmal eine Milchschnitte einpacken, weil ich sonst die Unmutter des Jahres bin.

Morgens weckte uns der Duft von Minas-Kaffee und der Durst wurde mit Radenksa oder Knjaz Miloš gestillt.
Meine Mama machte oft diese kleinen uštipke (oder uštipci) das sind Hefe-Küchlein, die in Fett ausgebacken werden und dann mit Zucker bestreut oder mit Käse gegessen werden. Die meisten sind rund und kugelig, die meiner Mama waren flach und köstlich mit Marmelade. Again: ich hätte mit Vollkorn und Käse wohl mehr reißen können :-)

Aber wir haben nicht nur Ungesundes gegessen. Ex-Jugoslawien ist für mich sozusagen die Wiege der Bio-Lebensmittel, wie so viele andere Länder auch. Tomaten werden nicht gekauft, sie wachsen hinter dem eigenen Haus zusammen mit Kartoffeln, Bohnen und kupus (Weißkohl). Zu vielem wurde Ajvar serviert und es wurde immer frisch gekocht oder zumindest ein Schwein geschlachtet und stundelang am Feuer gedreht. Es gab keine Maggitütchen oder Cremefine.

Ich freute mich das ganze Jahr über auf die riesigen Tomaten, die ganz knorrig und verschrumpelt aussahen, aber wenn man sie aufschnitt, fand man festes Fleisch und kein Wasser.

Die Wassermelonen, der bostan, wurde haufenweise auf Pferdekarren am Straßenrand verkauft und schmeckte herrlich süß. So süß wird eine Mini-Wassermelone aus dem Edeka nie schmecken. Einmal saß ich mit meinem Papa draußen hinter dem Haus, das Schwein drehte sich am Spieß, das Feuer loderte und der bostan wurde auch geschlachtet. Rate mal, was das ist sagte Papa, der Herrscher über die 3-Zimmerwohung auf jugoslawischem Staatsgebiet: „Puna škola đaka, nigdje nema vrata“ (Die gesamte Schule ist voller Schüler, aber es gibt keine Tür). Ich wusste es nicht. Der bostan war die Schule, und die Schüler waren die Kerne.

Im Wald wuchsen Walderdbeeren, die viel kleiner sind, als die Erdbeeren hier und auch viel süßer. Wir pflückten uns die Finger wund, bis wir in einem Eimerchen genug gesammelt hatten.
Um das Haus meines Onkels herum wucherten Himbeer- und Brombeersträuche. Die Trauben hingen schwer und dunkel-lila von den hölzernen Konstruktionen, die man eigens für sie gebaut hatte. Unter den Traubenblättern entstand ein kleiner Platz mit Tisch und Stühlen, an dem man der sengenden Mittagshitze entfliehen konnte. Wir drückten die Traube meistens direkt aus der Hand aus der Schale und in den Mund.

Wundersame Quitten wuchsen in unserem Garten, sie hatten diesen weichen Flaum und dufteten, weshalb bei uns oben auf dem Wohnzimmerschrank einige Zeit lang Quitten lagerten. Es gab Quittenmarmelade, Rosen- und Holundersirup und frische Maiskolben, die auch mal schnell aus dem Feld des Nachbarn „eingekauft“ wurden.

Ich erinnere mich an Maulbeeren, die wir aus Deutschland nicht kannten. Sie schmecken himmlisch.


Meine Oma hatte früher eine Kuh und eine der Erinnerungen, die mir von ihr bleibt, ist, dass ich ihr beim Kühe melken zusah. Sie nahm die Zitzen in die Hand, machte diese typische Handbewegung und drückte die Milch in den Eimer. Sie schäumte und war noch warm. Diesen Geschmack kann man niemals mit dem der verarbeiteten H-Milch vergleichen. Es war eine andere Welt, eine Zauberwelt.
Oma Draginja spritze mir einmal die Milch direkt in den Mund, weil ich so bettelte. Sie sagte, man müsse sie erst abkochen, aber ich bestand darauf, denn nichts sollte den Geschmack trüben. Die Kühe standen meist auf der Weide und aßen frisches Gras, ihre Milch enthält daher viel mehr Omega-3-Fettsäuren, genauso wie die Eier. Wisst ihr wie ein Kuchen aussieht, denn man mit den Eiern jugoslawischer Hühner gebacken hat? Er ist gelb. Nicht weiß, nicht beige. Richtig gelb.

Fehlte nur, dass man vom Kuchen abbiss und wie Alice in die Höhe schoss oder schrumpfte.
Ich traute dem Kuchen alles zu...

Kiki und Co 

Alte Zeiten....