30. September 2012

Jugeutsch? Deuslawisch? Küchendeutsch!




Das Thema Sprache hat mich schon immer fasziniert.
Als Abschlussarbeit im Gymnasium wählte ich das Thema „Spanglish – A language spoken by Spanish speaking immigrants in the U. S.“
In Kalifornien und vielen anderen Bundesstaaten der USA entwickelte sich eine Art Subsprache, die von Millionen Menschen tatsächlich gesprochen wird.
Das kann dann so aussehen, dass ein Satz in englischer Sprache begonnen wird und in Spanisch beendet oder es werden spanische Begriffe eingestreut oder andersherum. Im Extremfall wird nach zwei, drei Worten wieder die Sprache gewechselt.
Das hört sich dann eventuell so an:„Si, I know, siempre tengo problemas parqueando mi car.“ (Si, ich weiß, siempre tengo problemas mein Auto zu parken – eigtl.: Ja, ich weiß, ich habe immer Probleme, einen Parkplatz zu finden).

Oft wird einfach ein englisches Wort verwendet, dass dann aber laut der spanischen Grammatik konjugiert wird. To park wird dann zu parquear (eigtl: aparcar el coche), to type wird zu taipear (eigtl.: escribit a máquina) und lunch zu lonche (eigtl.: almuerzo).

Sprachwissenschaftlich gesehen wird dieses Phänomen Code-Switching gennant und es tritt nicht selten auf. So ist es auch beim Serbokroatischen und Deutsch. Wir Jugoschwabos sind nicht nur anders als unsere Eltern, wir sprechen auch anders.
Unser Deutsch ist nahezu perfekt, aber dennoch verweben sich unsere zwei Muttersprachen miteinander.
Ich schalte einfach um, wenn mir das Wort im Serbokroatischen nicht einfällt und andere, die Defizite im Deutschen haben, machen es andersherum. Sogar unsere Eltern bedienen sich oft im Deutschen. Sie sagen dann:„Moram ići u Arbajzamt.“ (Ich muss zum Arbeitsamt) oder :„Idem sutra za Bosnu, imam Urlaub (oder wie meine Mama sagt Urlap) (Ich fahre morgen nach Bosnien, ich habe Urlaub).
Extrem wird es, wenn einfach alles kreuz und quer durcheinandergeworfen wird, da muss mann dann wirklich beide Sprachen beherrschen:„Schatzi, donesi mi molim te Handy, eno ga tamo u Wohnzimmer, es ist auf dem Tisch, a akku je jos am Laden.“
(Schatzi, bring mir mal mein Handy bitte, es ist im Wohnzimmer, der Akku ist noch am Laden.)

Die Türken sprechen so, die Italiener auch und viele sind irgendwann sogar etwas frustriert, Sie wollen beide Sprachen beherrschen, aber switchen automatisch um, ohne dass sie es merken (ich auch).

Dabei muss das nichts Schlimmes sein, es passiert auf der ganzen Welt und ist ein vollkommen natürlicher Prozess, der immer dann stattfindet, wenn Menschen bilingual aufwachsen. Vielleicht entsteht irgendwann eine neue Mischsprache, so nennt man Sprachen, die aus zwei verschiedenen entstanden sind. So z. B. geschehen bei Ponglisch, das eine Mischung aus Polnisch und Englisch ist. Es wird in den USA, Kanada und Großbritannien gesprochen.

In Flensburg sprechen viele Bewohner Petuh, das aus Hochdeutsch, Niederdeutsch und Dänisch zusammengesetzt ist. Die dänische Grammatik wird mit deutschem Wortschatz vermischt.

Diese Art Sprachkontakt hat schon immer auf der ganzen Welt stattgefunden.
Als ich das letzte Mal in Dalmatien war, hat mich die Marktfrau auch seltsam beäugt, als ich paradajz kaufen wollte, denn sie nur als pomodori kennt, das zweifelsfrei natürlich aus dem Italienischen stammt.

Beim Torlakisch sind die Experten sich noch nicht ganz einig beispielsweise, ob es ein Dialekt ist oder schon eine eigenständige Sprache. Es ist eine Mischform aus Serbisch, Bulgarisch und Mazedonisch, das in Südostserbien gesprochen wird.

Sprachen haben nun einmal miteinander Kontakt, sei es aufgrund der geographischen Nähe verschiedener Länder oder aufgrund der Migration. Die Kontaktlinguistik untersucht, warum, wie und weshalb Sprachen in soziale Berührung kommen.

Natürlich ist es nicht schön, wenn einem das Wort in der anderen Sprache nicht einfällt, ich habe mich immer geärgert, dass nun mal die Kenntnisse in Deutsch besser sind, aber vielleicht entsteht etwas Neues. Deuslawisch? Jugeutsch?

Für das Deutsch unserer Eltern habe ich schon einen Begriff gefunden: Küchendeutsch.
Küchendeutsch (Black Namibian German) gibt es tatsächlich, es wurde früher in Namibia von den meist schwarzen Dienern gesprochen und war daher stark vereinfacht, eine Pigdin-Sprache.

Beispiele:
Was Banane kosten?
Spät Uhr--> es ist spät.

Unsere Eltern sprechen also NICHT falsch, sie sprechen Küchendeutsch:-)

In Papua-Neuguinea gibt es auch eine kleine deutsche Sprachinsel. Hunderte sprechen das sogenannte Unserdeutsch (Rabaul Creole German). Die Sprache ist mittlerweile leider vom Aussterben bedroht. In Texas gibt es immer noch das Texasdeutsch, das eine Mischung zwischen Deutsch und Englisch ist und vornehmlich von den deutschen Einwanderern ganz selbstverständlich verwendet wird.

Wenn wir uns den Language Difficulty Index ansehen, dann wird Deutsch in Kategorie 2 eingestuft, während Serbokroatisch in Kategorie 4 gelandet ist. Das heißt eigentlich müssten Menschen aus Ex-Jugoslawien leichter Deutsch lernen als umgekehrt, aber diese langen Worte? Das Deutsche ist generell um mindestens ein Drittel länger als das entsprechende serbokroatische Wort und dann tun die Umlaute ihr Übriges. Wieso gibt es ein Massenkommunikationsdienstleistungsunternehmen und eine Rechtsschutzversicherungsgesellschaft oder eine Betäubungsmittelverschreibungsordnung?

Andererseits werde ich von Deutschen immer wieder gefragt, ob wir Jugos denn keine Vokale hätten. Sie verknoten sich die Zunge bei der kroatischen Insel Krk und bei etlichen jugoslawischen Namen. Ja bei den Vokalen sind wir sparsam, ich habe mal das längste Ex-Yu-Wort mit den meisten Konsonanten hintereinander gesucht. Gefunden habe ich opskrba, das immerhin fünf (oder finf) Konsonanten hintereinander enthält. Kennt jemand eines mit noch mehr?

 In diesem Sinne: Einen schönen Sonntag, ja se odo ausruheniti :-)

Sneki

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