Back to school läuft nicht gut, um nicht zu sagen
Scheiße.
Wollen wir eben ehrlich sein: Ich habe stark begonnen und
die ersten Stunden nur „naš“ gesprochen, aber bereits nach einigen Sätzen fragt
mein Partner: „Was ist mit dir los?“ Ich spreche naš, er antwortet auf feinstem
Hochdeutsch, obwohl selber ein Jugoschwabo.
Ich bemerke, dass sich das naš seltsam anfühlt, von wegen
Muttersprache, auch wenn ich sie gut spreche.
Wir diskutieren über neue Möbel, ich bemühe mich wirklich
und komme dann zur „Rückwand“.
Erstes deutsches Wort eingestreut….später im Gespräch höre
ich: „A gdje ti je sad tvoj srpskohrvatski?“ Uupps..schon wieder Deutsch
gesprochen.
Im Laufe des Tages erhalte ich eine E-Mail
von Rüdiger. Wieso ich nicht gleich auf naš schreibe will er wissen,
wo ich doch gerade beim Experiment bin.
Ein Deutscher, der mich auf Jugo anspricht und dieses Mal
antworte ich auf Deutsch. Was zum Henker ist los mit mir, ist es so unnatürlich
mit meinen Mitmenschen in dieser Sprache zu kommunizieren?
Wieso schreibe ich also nicht auf Serbokroatisch?
Nun zu allererst bin ich eben nun mal beruflich in den
Sprachen beheimatet, ich bin perfektionistisch.
Ich mag es nicht, Worte falsch zu schreiben oder falsch
zu gebrauchen. Ich will mich ausdrücken können, mit der Sprache spielen, ich
will die Freiheit haben, zu sagen, was ich will, ohne erst einmal nachsehen zu
müssen, was dieses Wort auf Jugo heißt. Und dann muss ich mich noch für das
serbische, kroatische oder bosnische Wort entscheiden.
Schreibe ich also kava, kafa oder kahva? Alles Kaffee,
alles dasselbe.
Sage ich: Moram raditi oder moram da radim? (Ich muss
arbeiten) Und was gehört überhaupt wohin und warum?
Kann ich mich blamieren, weil mir geschätzte 30-40 %
(gefühlte 70%) der Sprachkenntnis fehlen?
Ein Slawistikstudent liest hier mit, ein
Journalist…Akademiker und Leute, die unten in die Schule gegangen sind und
meine „Muttersprache“ perfekt sprechen.
Es gibt genug schlechtes Deutsch, Rechtschreib- und
Grammatikfehler.
Ertrage ich es, wenn in meinem Blog ein restringierter Code herrscht? Nein.
Ertrage ich es, wenn in meinem Blog ein restringierter Code herrscht? Nein.
In der Arbeit höre ich Riblja Čorba und sie singen: Nisam
ni tripac ni tropisvet…Beziehungsweise nachher sehe ich, dass es „dripac“ und
„probisvet“ heißt. Und was ist ein „kolosjek“. So ist das…ich mühe mich, ich
kämpfe…
Ich nehme mir fest vor, mit einer Jugo-Arbeitskollegin
kein Deutsch zu sprechen, aber statt ein paar Vokabeln nachzusehen,
schweifen meine Gedanken ab.
Wieso heißt im Serbokroatischen „čovjek“ sowohl Mensch
als auch Mann? Ist die Frau kein Mensch?
Wieso heißt „plava“ (=blau) im Jugo blond, während blau
im Deutschen hackedicht bedeutet?
Die Jugos sagen zu den USA SAD (sad= traurig).
„Ljut“ bedeutet scharf, aber „Ja sam ljut“ heißt aber „Ich
bin sauer“, während im Deutschen „Ich bin scharf“ etwas ganz anderes heißt.
Statt einfach draufloszusprechen, habe ich zu hohe
Ansprüche an mich selbst, aber am meisten nervt es mich, dass das Gehirn
unbewusst macht, was es will. Es wechselt zum Deutschen und ich merke es nicht
einmal.
Als ich mich abends wieder anstrenge, das zu
unterbinden, rutscht mir das Wort „Vorsteuererklärung“ hinaus. Woher zum Teufel
soll ich wissen, was das in der anderen Sprache heißt?
Wann erklären einem die Jugoeltern das? Mir fällt auf, dass ich wirklich nur dann Serbokroatisch spreche, wenn der andere kein Deutsch kann oder schlecht Deutsch spricht oder wenn ich etwas sagen möchte, ohne dass es jeder verstehen soll.
Heute Morgen schließlich entdecke ich in meinen Mails
einen Mini-Verschreiber.
Statt „Ja“ habe ich in einer geschäftlichen E-Mail „Da“
geschrieben, obwohl das D nicht einmal neben dem J liegt.
Vielleicht gewöhnt sich das Gehirn langsam um! :-)
dripac = Idiot
probisvjet = Vagabund
kolosjek = Eisenbahngleis
Moram da radim = Serbisch/Bosnisch
Moram raditi = Kroatisch
Rückwand = straznji zid
Vorsteuererklärung = pretporezna prijava
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