Dieses Jahr ist eine deutsche Freundin (aber nicht die erste) in das Haus meiner Eltern nach Bosnien gefahren, um uns alle zu besuchen. Mich interessiert es immer, was Deutsche so „sehen“, wie sie das Land empfinden und wie es ihnen gefällt.
Hier also ein kleiner Bericht meiner Freundin Carolin.
(Hi Caro :-))
1) Wieso bist
du nach Bosnien gefahren?
Weil mich
meine „älteste Freundin“ eingeladen hat.
Ich brauchte
mal einen Tapetenwechsel und wollte auch etwas anderes erleben.
Mein Sohn
sollte etwas von der Welt sehen.
Außerdem schien eine 10-stündige Busfahrt mit einem bosnischen Busunternehmen ein Abenteuer zu sein.
Außerdem schien eine 10-stündige Busfahrt mit einem bosnischen Busunternehmen ein Abenteuer zu sein.
Ich glaube, Abenteuer trifft es ganz
gut, da von den Fahrern niemand Deutsch sprach und aus 10 Stunden können je
nach Lage an der Grenze auch mal schnell 17 Stunden werden.
Hinzu kommen seltsame Musikgeschmäcker
der zwei Busfahrer, die während der Fahrt auch rauchen, obwohl das eigentlich verboten ist, die ganz hinten im Bus liegen und schlafen und laut schnarchen
und einen bitten, eine Schachtel Zigaretten auf die eigene Kappe zu nehmen, weil
derjenige selber zu viele dabei hat.
2) Wie hat dir Bosnien gefallen?
2) Wie hat dir Bosnien gefallen?
Bosnien hat
mir sehr gut gefallen. Es ist ein wirklich schönes Land. Baulich und menschlich
nicht mit Deutschland vergleichbar, obwohl die Landschaft aber ländlichen Gebieten in Deutschland ähnelt.
3) Was war anders, als du es dir vorgestellt hast?
Ich habe mir
gar keine Vorstellungen gemacht. Aber es war das Schwimmbad.
Das Schwimmbad hatte bei 28/29 Grad
schon zu, weil die Temperatur gefallen war und es zu kalt war! Staunen auf unserer Seite und Ausweichen auf den nächsten Fluss.
4) Was hat dir gefallen?
4) Was hat dir gefallen?
Traumhaft war
unser Badetag. Super! Total idyllisch, einfach schön. (An einem Fluss, an dem
früher eine alte Wassermühle stand. Im Fluss kreuchte und fleuchte es vor
Fischen und Schlangen und anderem Getier. Zwei Männer angelten mit ihren
Kindern und spießten die Fische auf Holzstäbe auf, um das Abendessen später
nach Hause zu tragen.)
Auch das Fischlokal
war super traumhaft. Der Kuhstall deiner Tante im Dorf war auch ein Highlight und
die vielen verschiedenen Tiere waren ein Erlebnis (1. Abend).
Insgesamt haben wir 19 verschiedene
Tierarten hautnah gesehen, für mein Kind war das wie ein Urlaub auf einem
großen Bauernhof. (Von Ziege, Katze, Hund, Ente, Schwein, Kuh, Eidechse,
Schlange, Meerschweinchen…war alles dabei. Meine Tante Mila hat einen ganzen
Schuppen voller Meerschweinchen. Mein Cousin hat zwei von einer pijaca
mitgebracht und das Pärchen war schon in freudiger Erwartung. Ziemlich bald
vermehrten die sich wiederum und nun sitzt eine Horde Meerschweinchen im Raum,
in dem das Fleisch geräuchert wird und quiekt vergnügt vor sich hin. „Hoces
jednog? Nosi ih sve ako hoces. Sta ce mi?“, sagt meine Tante und hofft, dass
ich sie von der Schweinchenplage erlöse.
Das Fischlokal besteht nur aus lose
zusammengezimmerten Holzbrettern und liegt an einem Bach. Die Fische werden
lebend aus einem Bottich geholt, getötet, saubergemacht und dann landen sie auf
dem Grill. Dazu gibt es Krautsalat. Ein anderes Gericht gibt es nicht. Latte
Macchiato auch nicht, dafür einen Kinderspielplatz, Hunde mit denen man spielen
kann und einen Hamster in einem Hamsterkäfig in einer kleinen Bretterbude. Das
Restaurant liegt abgeschieden auf einem Berg in der Nähe des Klosters Liplje. Uriger,
natürlicher und gesünder geht´s nicht.
5) Was hat
dich fasziniert?
Die Bienen
deines Vaters, die Honigwaben und diese gelben Krümel.
Mein Papa ist Hobbyimker, besitzt
mehrere Bienenvölker und stellt Honig und die dazugehörigen Nebenprodukte her. Die
gelben Krümel, die meine Mama in einer großen Tupperdose aus dem Kühlschrank
holte, sind einfach Blütenpollen, die an den Beinen der Bienen kleben bleiben
und dann im Bienenstock abfallen und nicht verarbeitet werden. Es sind ganz
kleine Kügelchen, von denen man jeden Tag einen Teelöffel essen sollte. Sie
sind äußerst gesund. Die Inhaltsstoffe wie Vitamine, Mineralien, Aminosäuren,
Proteine, Enzyme und Coenzyme haben einzeln schon eine positive Wirkung auf den
Menschen. In Kombination entfalten sie eine noch höhere Heilkraft. Es gab
bereits erste klinische Studien, die belegen, dass reine Blütenpollen antibiotische,
antiinflammatorische, immunstimulierende und antikanzerogene Eigenschaften
haben. Auf gut Deutsch gesagt: sie bekämpfen Bakterien, helfen bei
Entzündungen, regen das Immunsystem an und bekämpfen Krebs bzw. beugen diesem
vor.
6) Was hat dir nicht so gefallen?
Dass jemand (also
Sneki) mir vergessen hat zu sagen, dass 2 Leute Geburtstag haben/hatten in der
Zeit und ich daher kein Geschenk hatte!
Es waren eigentlich vier! Duki,
Daca, Goran und Vesna
7) Was ist dir besonders aufgefallen?
7) Was ist dir besonders aufgefallen?
Dass mein
Sohn ein Fototalent hat, das ich fördern will. Und das es auffällig viele
Kondome in den Supermärkten gibt.
Was sagt das bei den Deutschen über
die Bosnier aus? Was heißt auffällig viele? Warst du letztens mal im DM, gerade
heute Morgen habe ich Dinge schön versteckt hinter einem Aufsteller gesehen,
von denen ich hoffe, dass mein Sohn beim nächsten Einkauf nicht fragt, was das
ist.
8) Wie hast du die Menschen dort empfunden?
8) Wie hast du die Menschen dort empfunden?
Die Menschen
sind einfach typische Südländer. Gastfreundlich, offen, liebenswert und auf
jeden Fall auch ein Grund, warum ich die Einladung angenommen hab. Man gehört
gleich zur Familie, da steh ich drauf.
9) Was hat dich schockiert?
9) Was hat dich schockiert?
Das Tierheim/
der Hundezwinger.
10) Was war unvergesslich?
Die Mutter an
der Gedenkstätte und Wolle.
Im Dorf gibt es eine Art Gedenktafel,
die an die Soldaten erinnert, die im Bosnienkrieg gefallen sind und die aus
diesem Dorf stammen. Eines Abend sitzen wir In-Cafe (das einzige Cafe, in dem
nur ältere Herren sonst sitzen und in dem sich einer lauthals beschwert, dass
die österreichische Rente von 1000 Euro nicht reicht, immerhin habe er sich die
Gesundheit kaputt gemacht, weil er Straßen um Wien geteert habe (pizda im
materina hitlerovska…). Er flucht so derb und extrem laut, dass der Hund
aufsteht und sich woanders hinlegt. Auf jeden Fall kam eine ältere Frau ganz in
Schwarz an die Tafel, legte ihre Hand auf das eingravierte Gesicht ihres Sohnes
und fing zu klagen und zu weinen an. Wir kamen ins Gespräch, weil Caro das
Denkmal gerade fotografierte und dann fing zu erzählen an. Sie sagt, sie
dachte, sie würde den Tod ihres Sohnes nicht überleben, er war doch erst 21 und
der Jüngste (auch ein Drazen). Aber sie sei noch hier, nach 20 Jahren, genauso
wie der Schmerz.
Dann putzte sie den Stein mit ihren
bloßen Händen, entschuldigte sich bei ihrem Sohn, dass sie kein Taschentuch hat
und sagte: „Ajde sine, lepi moj, zbogom, sutra ce mama opet doci.“
(Also, mein Sohn, leb Wohl, morgen
kommt Mama wieder.)
„Er hat immer gesagt: Mama, weine nicht,
ich komme doch wieder von der Front,“ sagte sie mir, „aber dann kam er nicht
wieder.“ Und dann ging sie fort.
11) Würdest
du wieder hinfahren?
Ja, ich würde
gern mehr von Bosnien sehen.
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