7. Januar 2013

Die Tage, die es niemals gab und wieso sie mich in die Sonderschule stecken wollten



Ugo stand vor einem Problem, das nicht einmal das Konzil von Trient gelöst hatte. Es hatte das Thema an ihn weitergereicht.
Im ersten Jahrhundert nach Christus wurde festgelegt, dass am 21. März Frühlingsbeginn ist, dieser Termin war wichtig, um bestimmen zu können, auf welche Tage das Osterfest fällt.

Die Frühlings-TagundNachtgleiche, die wiederum auch den Frühlingsbeginn auf der Nordhalbkugel markiert, fand aber nun bereits etwa zehn Tage früher statt.

Was haben diese Deppen um Julius Cäsar sich damals gedacht, schimpfte Ugo.
Ein Kalenderjahr, das im Vergleich zum Sonnenjahr 11 Minuten zu lang ist.
Der Frühlingsanfang verschob sich alle 130 Jahre um einen ganzen Tag nach vorne und heute liegt er auf dem 11. März.

Alles Deppen die Römer mit ihren ungenauen Schaltjahren!
Met saufen, Orgien feiern und Spiele veranstalten, aber von Mathematik keine Ahnung. Auch Augustus mit seiner Reform: nicht zu Ende gedacht, mein Lieber.

Was mach ich nur, was mach ich nur?
Ich habe zehn Tage zu viel? Wo stecke ich die hin?

Der „Pole“ Nikolaus Kopernikus hat da doch ein Werk geschrieben und gesagt, dass die Erde sich um die Sonne dreht und der deutsche Christopherus Clavius, die wissen, was zu tun ist.

Auf Basis ihrer Werke und Entdeckungen werde ich ein internationales Astronomen- und Expertenteam beauftragen, einfach einen neuen Kalender auszuarbeiten.

Sind wir nicht im Zeitalter der Reformation? Ändert sich nicht so Vieles?
Ich reformiere auch, ich werde in die Geschichte eingehen, als großer Reformator, der den Frühlingsbeginn gerettet hat!

Ugo rieb sich zufrieden den Bauch, zückte den Stift, nachdem er sich mit seinen Experten (darunter Aloisius Lilius) beraten hatte und schwupps waren die Tage 05.10.1582 bis 14.10.1582 gestrichen! Es gibt sie nicht, sie haben niemals existiert!
Zehn Tage einfach ausradiert.

Ich bin schließlich der Papst, tönte Ugo Boncompagni, ich bin Papst Gregor XIII, das Oberhaupt der Katholischen Kirche und ich löse das Problem auf meine Art und alle Christen haben zu folgen.

Nicht so ein kleines Dorf in Gallien, äh…nicht so viele protestantische und orthodoxe Länder und Gegenden, die nicht so an Ugo und demzufolge dem Papst hingen.
Augsburg war bireligiös und befand sich aufgrund der Kalenderumstellung im Jahr 1584 kurz vor dem Bürgerkrieg.

Kleine Gemeinden, die heute in der Schweiz liegen, führten den Gregorianischen Kalender zu Gänze sogar erst im Jahr 1811 ein, Griechenland gar erst 1949 (auf dem Berg Athos gilt der Gregorianische Kalender jedoch nicht).

Unter den Revoluzzern, die gar nicht einsahen, warum denn der Frühling ausgerechnet am 21.3 beginnen muss, gehörte auch die Orthodoxe Kirche u. a. in Russland und Serbien.

Zwar findet das nicht-kirchliche Leben anhand des neuen Kalenders statt, aber die Orthodoxe Kirche ne da se (lässt nicht locker, hält am Julianischen Kalender fest) und würde wohl eher E. T. zum Oberhaupt wählen, als sich dem bärtigen Ugo und damit dem Katholizismus zu beugen.

Tja, so kommt es, dass Klein-Jugoschwabo seine Geschenke oft am 06.01 erhielt und dann stolz in der Schule von den Weihnachtsgeschenken erzählte, als die kleinen Deutschschwabos den Tannenbaum schon á la Ikea-Werbung aus dem Fenster geworfen hatten.
Wenn sie dann nicht mit mir spielten und mich für sonderschul-würdig hielten, weil ich nicht einmal wusste, wann Weihnachten war, war das also nur Ugos Schuld.

Und Ostern erst. Ich weiß, warum viele Jugos ihre Ostereier mit Zwiebelschalen und Co. färben, die Ostereierfarbe ist nämlich etlicheTage nach dem katholischen Ostern nirgends mehr zu kaufen. Nein, natürlich nicht, es ist einfach eine alte Tradition, aber mir ist es oft passiert, dass ich dann dumm dastand, weil ich keine Farbe gekauft hatte und mich dann in der Küche mit Roter Bete wiederfand.

Wieder ein Dilemma. Wie so oft. Ich persönlich habe Weihnachten am 24.12 gefeiert.
Ich habe ein Kind, meine Schwester hat Kinder, wie sollen wir ihnen das erklären, wieso sie keine Geschenke am 24.12 bekommen und wieso Jesus anscheinend zwei Mal auf die Welt gekommen ist und das noch in unterschiedlichen Jahren. Am besten wir nehmen auch noch den jüdischen Kalender als Basis, weil Jesus ja Jude war, demnach befinden wir uns im Jahr 5773.
Jetzt bin ich nicht nur ein Gastarbeiter-Jugoschwabo-Kind, sondern auch noch ein „Altkalendarier“.
Aber wo finde ich den weihnachtlichen Zauber im Januar, wenn die Plätzchen gegessen und die Lichterketten im Keller verstaut sind?

Vielleicht wusstet ihr all das, ich nicht so recht. Ich wusste, dass es einen Grund gab, aber nie genau warum und weshalb und das Thema Kirche und Religion hatte mich nie sonderlich interessiert, aber wenn man Weihnachten an den Heiligen Drei Königen feiert, kommt man irgendwann ins Grübeln. Ich versuche ja immer so neutral wie die Schweiz zu sein, wenn es um Konflikte oder Unterschiede geht, aber bei diesem Kalenderthema muss ich sagen, dass ich es zeitgemäßer und schöner finden würde, wenn auch die Orthodoxe Kirche endlich umschwenken würde, sonst feiern wir in Futurama irgendwann am 03.01 Frühlingsanfang, aber nun denn laut dem Kalender des guten alten Cäsar ist heute der orthodoxe erste Weihnachtsfeiertag, gestern war Heilig Abend. Wieso bin ich nur in die Arbeit gegangen?


Sretan Božić und frohes Fest nachträglich und aktuell.

Der Julianische Kalender 

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