7. Februar 2013

Back to school - Ni tripac ni tropisvet


Back to school läuft nicht gut, um nicht zu sagen Scheiße.

Wollen wir eben ehrlich sein: Ich habe stark begonnen und die ersten Stunden nur „naš“ gesprochen, aber bereits nach einigen Sätzen fragt mein Partner: „Was ist mit dir los?“ Ich spreche naš, er antwortet auf feinstem Hochdeutsch, obwohl selber ein Jugoschwabo.
Ich bemerke, dass sich das naš seltsam anfühlt, von wegen Muttersprache, auch wenn ich sie gut spreche.

Wir diskutieren über neue Möbel, ich bemühe mich wirklich und komme dann zur „Rückwand“.

Erstes deutsches Wort eingestreut….später im Gespräch höre ich: „A gdje ti je sad tvoj srpskohrvatski?“ Uupps..schon wieder Deutsch gesprochen.
Im Laufe des Tages erhalte ich eine E-Mail von Rüdiger. Wieso ich nicht gleich auf naš schreibe will er wissen, wo ich doch gerade beim Experiment bin.
Ein Deutscher, der mich auf Jugo anspricht und dieses Mal antworte ich auf Deutsch. Was zum Henker ist los mit mir, ist es so unnatürlich mit meinen Mitmenschen in dieser Sprache zu kommunizieren?

Wieso schreibe ich also nicht auf Serbokroatisch?
Nun zu allererst bin ich eben nun mal beruflich in den Sprachen beheimatet, ich bin perfektionistisch.

Ich mag es nicht, Worte falsch zu schreiben oder falsch zu gebrauchen. Ich will mich ausdrücken können, mit der Sprache spielen, ich will die Freiheit haben, zu sagen, was ich will, ohne erst einmal nachsehen zu müssen, was dieses Wort auf Jugo heißt. Und dann muss ich mich noch für das serbische, kroatische oder bosnische Wort entscheiden.
Schreibe ich also kava, kafa oder kahva? Alles Kaffee, alles dasselbe.
Sage ich: Moram raditi oder moram da radim? (Ich muss arbeiten) Und was gehört überhaupt wohin und warum?
Kann ich mich blamieren, weil mir geschätzte 30-40 % (gefühlte 70%) der Sprachkenntnis fehlen?

Ein Slawistikstudent liest hier mit, ein Journalist…Akademiker und Leute, die unten in die Schule gegangen sind und meine „Muttersprache“ perfekt sprechen.
Es gibt genug schlechtes Deutsch, Rechtschreib- und Grammatikfehler.
Ertrage ich es, wenn in meinem Blog ein restringierter Code herrscht? Nein.
In der Arbeit höre ich Riblja Čorba und sie singen: Nisam ni tripac ni tropisvet…Beziehungsweise nachher sehe ich, dass es „dripac“ und „probisvet“ heißt. Und was ist ein „kolosjek“. So ist das…ich mühe mich, ich kämpfe…
Ich nehme mir fest vor, mit einer Jugo-Arbeitskollegin kein Deutsch zu sprechen, aber statt ein paar Vokabeln nachzusehen, schweifen meine Gedanken ab.
Wieso heißt im Serbokroatischen „čovjek“ sowohl Mensch als auch Mann? Ist die Frau kein Mensch?

Wieso heißt „plava“ (=blau) im Jugo blond, während blau im Deutschen hackedicht bedeutet?
Die Jugos sagen zu den USA SAD (sad= traurig).
„Ljut“ bedeutet scharf, aber „Ja sam ljut“ heißt aber „Ich bin sauer“, während im Deutschen „Ich bin scharf“ etwas ganz anderes heißt.
Statt einfach draufloszusprechen, habe ich zu hohe Ansprüche an mich selbst, aber am meisten nervt es mich, dass das Gehirn unbewusst macht, was es will. Es wechselt zum Deutschen und ich merke es nicht einmal. 
Als ich mich abends wieder anstrenge, das zu unterbinden, rutscht mir das Wort „Vorsteuererklärung“ hinaus. Woher zum Teufel soll ich wissen, was das in der anderen Sprache heißt?
Wann erklären einem die Jugoeltern das? Mir fällt auf, dass ich wirklich nur dann Serbokroatisch spreche, wenn der andere kein Deutsch kann oder schlecht Deutsch spricht oder wenn ich etwas sagen möchte, ohne dass es jeder verstehen soll.

Heute Morgen schließlich entdecke ich in meinen Mails einen Mini-Verschreiber.
Statt „Ja“ habe ich in einer geschäftlichen E-Mail „Da“ geschrieben, obwohl das D nicht einmal neben dem J liegt.

Vielleicht gewöhnt sich das Gehirn langsam um! :-)

dripac = Idiot
probisvjet = Vagabund
kolosjek = Eisenbahngleis
Moram da radim = Serbisch/Bosnisch
Moram raditi = Kroatisch

Rückwand = straznji zid

Vorsteuererklärung = pretporezna prijava

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